DGB fordert mehr Mitbestimmung

Gewerkschaftsbund sieht Schwierigkeiten nicht nur durch die Pandemie

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 4 Min.

Der scheidende DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, der auf dem Bundeskongress im Mai aus Altersgründen nicht erneut für das Amt kandidieren wird, hob beim Jahresauftakt des DGB am Mittwoch in Berlin vor allem die Erfolge hervor, die bei der Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie erzielt wurden. So trügen Regelungen wie die Erleichterung, mehrmalige Verlängerung und stufenweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes, die Aufstockung der bezahlten Kinderbetreuungstage und Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz eine deutliche gewerkschaftliche Handschrift.

Dennoch hätten sich die Bedingungen für die Arbeit der Gewerkschaften durch die Pandemie verschlechtert, da durch Kurzarbeit und Homeoffice der direkte Kontakt zu den Kollegen stark eingeschränkt gewesen sei. Das sieht Hoffmann als einen wichtigen Grund für den Mitgliederrückgang im vergangenen Jahr. Der belief sich 2021 auf rund zwei Prozent, die acht DGB-Gewerkschaften haben jetzt noch 5,73 Millionen Mitglieder.

Einen hohen Stellenwert haben für den DGB daher die Betriebsratswahlen in rund 28 000 Unternehmen in diesem Jahr. Alle Statistiken zeigten, »dass in Betrieben mit Betriebsrat das Entgelt höher ist und die Beschäftigten mehr Urlaub haben. Die Betriebe sind familienfreundlicher und das Gender-Pay-Gap ist deutlich geringer«, sagte Hoffmann. Auch deswegen sei es nicht hinnehmbar, »dass jede sechste geplante Betriebsratsgründung mit illegalen Mitteln verhindert wird«. Hoffmann begrüße zudem ausdrücklich, dass die neue Bundesregierung die Behinderung von Betriebsratswahlen künftig als Offizialdelikt einstufen und verfolgen will.

Generell fordert der DGB eine Weiterentwicklung der Mitbestimmung. »Betriebsräte müssen mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Sie brauchen starke Mitbestimmungsrechte bei den Themen Beschäftigungssicherung und Personalplanung und -bemessung, digitale Arbeitsformen und Weiterbildung«, führte Hoffmann aus.

Als Erfolg wertete er auch die von der Koalition angekündigte Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Sein Vorstandskollege Stefan Körzell warnte allerdings vor einer »Verwässerung« des Mindestlohns, wie sie vor allem von einigen Arbeitgeberverbänden mit fadenscheinigen Argumenten angestrebt werde.

Der neue Mindestlohn sei eben keine Abkehr von der Tarifautonomie, sondern eine »einmalige Notbremse« die aufgrund der grassierenden Tarifflucht vieler Arbeitgeber notwendig geworden sei. Es müsse Schluss damit sein, dass Armutslöhne aufgestockt werden müssen, aus Steuermitteln, die dringend für Investitionen in die Infrastruktur und den Kampf gegen die Klimakrise gebraucht würden, so Körzell. Großen Nachholbedarf sieht der DGB auch bei der Steuer- und Sozialpolitik. Die Frage, wer die Kosten für die klimapolitischen Maßnahmen wie etwa der CO2-Bepreisung trage, sei entscheidend für das Gelingen der Transformation. Auch bei den explodierenden Energiepreisen seien stärkere Entlastungen für einkommensschwache Haushalte notwendig. Ferner hält der DGB an seiner Forderung nach einem befristeten Mietenstopp fest. Allerdings haben die Regierungsparteien bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass es keine weiteren Mietregulierungen geben soll.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Harnack warnte vor einem »Rollback« in der Gleichberechtigungsfrage, wie er sich in der Pandemie teilweise gezeigt habe. Zusätzliche Lasten wie Kinderbetreuung und Homeschooling hätten dabei in erster Linie Frauen zu tragen. Dem müsse unter anderem durch die bessere Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen entgegengesteuert werden, wofür der DGB Vorschläge unterbreitet habe. Harnack verwies ferner auf die Ausweitung der Minijobs im Zuge der Mindestlohnerhöhung, die vor allem Frauen beträfe. Minijobs seien eine »Armutsfalle«, besonders im Hinblick auf spätere Rentenansprüche. Alternative sei eine umfassendere Sozialversicherungspflicht.

Auch in der Debatte um die Corona-Impfpflicht für das Personal in Pflegeheimen und Kliniken plädiert der Gewerkschaftsbund für einen alternativen Weg. »Wir sind nach wie vor für 3G-Regelungen, denn auch bei diesen gehen wir davon aus, dass die Sicherheit für die Patienten und Beschäftigten gewährleistet wird«, sagte Hoffmann.

Für seine Außenwirkung hat der DGB vor allem den 1. Mai im Visier. Nach den pandemiebedingten Einschränkungen der vergangenen beiden Jahre »brennen die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Verwaltungen darauf, dass wir am 1. Mai unseren Forderungen auf den Straßen und Plätzen der Republik Nachdruck verleihen«, so Hoffmann. Das etwas sperrige Motto dazu lautet: »GeMAInsam Zukunft gestalten«.

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