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Nachfahren nehmen koloniales Raubgut in Empfang
Deutsche Museen geben Schädel und Skelette an Vertreter des US-Bundesstaates Hawaii zurück
Mehrere Museen, Stiftungen und Sammlungen geben Schädel und Skelette, die Deutsche in der Kolonialzeit aus Hawaii mitgehen ließen, an die Nachfahren der Toten zurück. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) übergibt an diesem Freitag die menschlichen Überreste von 32 Personen an Vertreter*innen des Office of Hawaiian Affairs (OHA).
Die Gebeine, »iwi kupuna« genannt, befanden sich seit 2011 in der Obhut des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte. Es hatte damals von der Charité historische anthropologische Sammlungen übernommen. Dabei handelt es sich um rund 7700 menschliche Überreste aus nahezu allen Teilen der Erde, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert zusammengetragen wurden. Etwa 40 Prozent stammen aus früheren deutschen Überseegebieten in Afrika und dem Pazifik.
Die Gebeine, die heute zurückgegeben werden sollen, hatte der Sammler und Naturforscher Hermann Otto Finsch (1839-1917) gesammelt und nach Berlin geschickt, wo sie Teil der Luschan-Sammlung wurden. Die meisten sollen mehrere Hundert Jahre alt sein. Sie konnten einer Fundstelle namens Waimanalo auf der hawaiianischen Insel O’ahu zugeordnet werden. Nach SPK-Recherchen handelte es sich um eine historische Begräbnisstätte. Die Gebeine waren durch Einwirkung von Wind und Meer teilweise freigelegt worden. Zwei Schädel stammen von einem Ort, der heute nicht mehr genau zu identifizieren ist, aber auch aus Hawaii.
Seit Ende 2017 führen die Stiftung und das OHA Gespräche über die Rückführung. Die Stiftung hat versprochen, in ihrer Obhut befindliche menschliche Überreste aus kolonialen Zusammenhängen zurückzuführen, wenn die Herkunftsstaaten und -gesellschaften bekannt sind und eine Rückgabe wünschen. Diese Voraussetzungen seien bei den »iwi kupuna« erfüllt, hieß es. Er sei froh, dass sie »nun an ihren Herkunftsort zurückkehren und dort bestattet werden können«, sagte Stiftungspräsident Hermann Parzinger. Um weitere Rückgaben zu ermöglichen, werde man die komplette von der Charité übernommene Luschan-Sammlung erforschen.
Der Leiter der OHA-Delegation, Edward Halealoha Ayau, erklärte: »Wir erkennen die Qualen unserer Vorfahren an und übernehmen die Verantwortung für ihr Wohlergehen, indem wir sie zur Umbettung nach Hause überführen.«
»Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten haben in unseren Museen und Universitäten nichts zu suchen«, betonte Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien. Ihre Rückgabe müsse »Priorität haben«. Die Kolonialgeschichte habe viele Wunden hinterlassen. »Wir müssen unseren Beitrag dazu leisten, dass diese Wunden geschlossen werden können«, sagte die Bundesministerin. Sie freue sich daher sehr, dass neben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz weitere deutsche Museen und Universitäten die iwi kupuna an Hawaii zurückgäben.
Die Universität Göttingen übergab bereits am Mittwoch iwi kupuna aus ihren Sammlungen an vom OHA vertretene hawaiianische Nachfahren. Es handele sich um Gebeine von insgesamt 13 Personen und einen Gipsabguss eines weiteren menschlichen Schädels, sagte eine Sprecherin. Der Hamburger Anatom Georg Thilenius (1868-1937) hatte die Schädel 1897 auf der Insel Maui ausgegraben und damit gegen geltende hawaiianische Gesetze verstoßen: Die Entnahme menschlicher Überreste aus Grabstätten war auch damals verboten. Dennoch gelangten die iwi kupuna über das Hamburger Museum für Völkerkunde 1953 an die Uni Göttingen. Wissenschaftler des von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekts »Sensible Provenienzen. Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten in den Sammlungen der Universität Göttingen« haben die iwi kupuna identifiziert.
»Mit der Rückgabe drücken wir unsere tiefe Verbundenheit und unseren Respekt vor der hawaiianischen Kultur aus«, sagte Unipräsident Metin Tolan bei der Übergabezeremonie.
Erste Station der Delegation aus Hawaii war am Dienstag das Bremer Übersee-Museum. Es übergab den Vertretern des OHA acht Schädel aus seinem Sammlungsbestand. Die Knochen waren im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in das Museum gelangt. »Wir gehen davon aus, dass die Schädel aus Grabstätten entwendet wurden«, sagte Michael Stiller, Leiter der Abteilung Naturkunde im Übersee-Museum.
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Die OHA-Vertreter werden im Anschluss an die Zeremonie am Freitag in Berlin nach Jena und in Österreichs Hauptstadt Wien weiterreisen, um auch dort Gebeine ihrer Vorfahren in Empfang zu nehmen.
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