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Das Rennen, das keiner will
Nur 27 Männer traten zur Kombination der Alpinen an, ganze 17 kamen ins Ziel
So schlecht sah das Tableau der Medaillengewinner bei der Alpinen Kombination gar nicht aus. Der Österreicher Johannes Strolz war zwar als Außenseiter gestartet, aber nein, er ist kein unwürdiger Olympiasieger, ebenso wenig der Zweite, Aleksander Aamodt Kilde aus Norwegen oder der kanadische Bronzemedaillengewinner James Crawford. Sie gehören alle zur absoluten Weltspitze, entweder in der Abfahrt oder im Slalom, den beiden Disziplinen, in denen kombiniert wurde am Donnerstag bei den Winterspielen. Aber nur ein paar Plätze weiter unter taucht ein Name auf, der im Weltcup bisher ein seltener Gast und noch nie in den besten 50 klassiert war. Barnabas Szollos, ein 23 Jahre alter Skirennläufer aus Israel, belegte den sechsten Platz in Yanqing.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Eine Sensation? Nur auf den ersten Blick. Denn es schafften sowieso nur 17 Läufer ins Klassement, der Rest schied unterwegs aus, darunter der Deutsche Simon Jocher. Ohnehin waren 27 Athleten am Start, nicht einmal halb so viele 2018 in Pyeongchang. »Ein Armutszeugnis«, sagt Jocher. »Aber man kann den Leuten nicht böse sein, denn das Format ist so, wie es im Moment ist, einfach erstens nicht immer fair und zweitens für den Zuschauer nicht wirklich interessant.«
Der Wettbewerb hat sich längst entfernt von der Ursprungsidee, die besten Allrounder zu ermitteln, jenen also, die den Spagat zwischen Abfahrt und Slalom am besten hinbekommen. Die Zeiten, als Skirennläufer alle vier Disziplinen fahren, erst recht, halbwegs gleich gut beherrschen, sind längst vorbei. Es gibt sie noch, diese Ausnahmen. Mikaela Shiffrin (Weltmeisterin 2021) und Michelle Gisin (Olympiasiegerin 2018) gehören zu Alleskönnerinnen, ebenso Alexis Pinturault, der bei der WM 2019 Gold gewann. Aber es passiert eben auch, dass Athleten ganz vorne landen, die in den Spezialdisziplinen niemals eine Chance hatten. Sandro Viletta (Schweiz) und Josef Polig (Italien), Olympiasieger 2014 und 1992, sind die besten Beispiele.
Es liegt am Modus und an der Wahl der Pisten. Bei der WM 2021 wurde keine Abfahrt, sondern ein Super-G als erster Teil gefahren, Vorteil für die Slalomläufer. Immerhin wurde das Reglement, dass die besten 30 der schnellen Disziplin in umgekehrter Reihenfolge im Slalom starten, verändert, weil auf ramponierter Piste die ohnehin zwischen den Toren schlechteren Abfahrer gar keine Chance mehr hatten. Jetzt darf der Schnellste des ersten Teils als erster im zweiten Teil ran. Das macht den Wettbewerb auf jeden Fall fairer. Allerdings war der am Donnerstag deshalb auch schnell entschieden, weil die Slalom-Spezialisten erstaunlich gut auf der Abfahrt zurechtkamen, besser gar als mancher Abfahrtsspezialist.
Torläufer Strolz war nur 0,75 Sekunden langsamer als Kilde, aber weit vor Jocher, der im Weltcup nur die schnellen Disziplinen bestreitet. Ein anderer Slalom-Könner war nach der Abfahrt auch weit vorne, aber Marco Schwarz, Kombinationsweltmeister des vergangenen Jahres, fuhr dafür im Slalom nicht viel schneller als Kilde. » Ich wäre schon dafür, die Kombi am Leben zu erhalten«, sagt Jocher, der bis zu seinem Ausscheiden im Slalom sogar schneller unterwegs war als Strolz. »Aber man müsste sie umgestalten.«
Für Strolz könnte vermutlich alles so bleiben nach seinem Triumph in einem Wettbewerb, der nun zur Familienangelegenheit geworden ist. Denn Vater Hubert Strolz hatte ebenfalls Olympiagold in der Kombination geholt, 1988 in Calgary. »Wenn ich daran denke, ist es schwer für mich, nicht zu weinen«, sagt Strolz, der Jüngere, am Donnerstag. Nicht nur wegen des Vaters, auch weil seine Karriere schon auf der Kippe stand. Er hatte vor dieser Saison seinen Kaderstatus beim Österreichischen Skiverband verloren wegen fehlender Perspektive im fortgeschrittenen Alter von 29 Jahren. Aber aufgeben wollte Strolz nicht.
»Ich habe gedacht, das kann es noch nicht gewesen sein«, sagte er rückblickend. Stattdessen bereitete er sich im Sommer und Herbst selbst vor, zahlte alles »aus meinem eigenen Sack«, wie er sagte. Er war dabei auch auf die Hilfe von anderen Teams angewiesen, die er unter anderem von den Deutschen bekam: Die ließen ihn mit Linus Straßer trainieren.
Einen Startplatz erhielt Strolz dann trotzdem von den Österreichern - und bewies mit seinem Sieg im Januar in Adelboden, dass der Rauswurf ein Fehler war. Und nun bescherte er seinem Land die zweite alpine Goldmedaille bei diesen Winterspielen. Über den Wert des Wettbewerbs wird in Österreich kaum diskutiert werden.
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