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- Antifaschismus in Brandenburg
Digitale Karte mit 164 Erinnerungsorten
Philipp Ziems von der VVN-BdA recherchierte in seiner Freizeit
Das Hinweisschild auf den Bahnhof Griebnitzsee steht auf einem Sockel aus Mauersteinen. Dieser Sockel auf dem Bahnhofsvorplatz ist der letzte Überrest einer Stele, die bis in die 1990er Jahre hinein an den Kommunisten Walter Junker erinnerte. Nachdem der politisch aktive Werkzeugmacher Junker 1933 verhaftet und für einige Tage ins Potsdamer Polizeigefängnis gesteckt worden war, emigrierte er erst nach Prag und kämpfte schließlich als Interbrigadist im Spanienkrieg. Er fiel 1938 in der Schlacht am Ebro bei der letzten Offensive der Republikaner gegen die Truppen von General Franco.
Auf der Stele am Bahnhof Griebnitzsee hatte einst gestanden: »Wir gedenken dem großen Vorbild Walter Junker, führendes Mitglied der Nowaweser Arbeiterbewegung, Antifaschist, Internationalist und Spanienkämpfer. Geboren am 27. November 1910, gefallen am 28. Juli 1938 bei Gandessa/Spanien.«
Dort steht es nun nicht mehr zu lesen, aber dafür jetzt im Internet auf der Seite erinnerungsorte-brandenburg.de. Vor anderthalb Jahren hatte Philipp Ziems die Idee, eine digitale Karte zu erstellen, auf der sich Erinnerungsorte finden und Adressen, Fotos und kurze Informationen abrufen lassen. Bis jetzt hat der inzwischen 32-Jährige gebraucht, solche Orte aufzusuchen und die Informationen zu sammeln - alles in ehrenamtlicher Arbeit neben seinem Job als Veranstaltungskaufmann in Berlin. Das Thema ist ihm wichtig. Er organisiert auch Gedenkstättenfahrten und sitzt im Vorstand der brandenburgischen Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). In der digitalen Karte erfasst sind nun 164 Orte wie zum Beispiel jüdische Friedhöfe, sowjetische Ehrenmale, KZ-Außenlager und Stationen der Todesmärsche. Technisch umgesetzt hat die Idee ein Programmierer - ebenfalls unentgeltlich.
Online ist die Karte nun, aber nicht fertig. Denn es gibt mehr Orte des Gedenkens an Ereignisse in den Jahren 1900 bis 1945. Diesen Zeitrahmen hat Ziems gewählt. Einbezogen sind so auch Orte des Kampfes der Arbeiterbewegung gegen den Kapp-Putsch von 1920. Allein 43 der 164 Erinnerungsorte sind in Potsdam. Da wohnt Ziems. 16 Orte sind im Kreis Märkisch-Oderland. Hier hat Nils Weigt recherchiert. Beiden wäre Hilfe willkommen. Denn es gibt noch einige Landkreise, für die kein einziger Ort verzeichnet ist. Fotos und kurze Informationen kann man per E-Mail zusenden.
Häufig keine große Hilfe waren Ziems bisher Stadtverwaltungen, bei denen er anfragte, ob sie zu dieser oder jener Gedenktafel nähere Angaben machen können. Nach Wochen des Wartens kam von denen manchmal nur die Antwort, er solle beim Stadtarchiv nachfragen. Aber darauf wäre er auch selbst gekommen. Wertvoll ist die Karte, weil sie wahrscheinlich auch kaum bekannte Orte vorstellt, die in keiner Denkmalliste verzeichnet sind, wie Nils Weigt vermutet.
Mail: erinnerungsorte_brandenburg@riseup.de
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