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Ampel-Streit um »Basisschutz«
Maskenpflicht, Hygienekonzepte, 2G/3G: Warum nun der komplette Maßnahmenkatalog auf dem Spiel steht
Es ist nur eine kleine Notiz, aber sie bekommt in diesen Tagen eine umso größere Bedeutung: »Bis längstens zum Ablauf des 19. März 2022«, so heißt es am Ende von Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes, sind Maßnahmen zum Schutz gegen das Coronavirus anwendbar. Alle Regelungen, an die wir uns im Laufe der letzten zwei Jahre mehr oder weniger gewöhnt haben – Abstandsgebot, Maskenpflicht, Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen, Hygienekonzepte – laufen zum Frühlingsbeginn aus. Problem: Dieses immer noch sehr gefährliche und allzu schnell mutierende Virus wird es dem Gesetzestext nicht gleich tun; eher deutet sich an, dass es nicht wieder verschwinden wird.
Es braucht also eine Nachfolgeregelung – doch genau an dieser Stelle beginnen die Probleme: Bund und Länder haben sich in dieser Woche zwar auf einen dreistufigen Öffnungsplan verständigen können. Unklar ist jedoch, wie genau der dritte und letzte Schritt aussehen wird. Ab sofort sind private Zusammenkünfte für Geimpfte und Genesene wieder ohne Begrenzung der Teilnehmer*innenzahl möglich, außerdem werden Zugangsbeschränkungen und Kontrollen im Einzelhandel aufgehoben. Ab 4. März gelten dann 3G für Gastronomie und Übernachtungsangebote, 2G-plus für Diskotheken und Klubs sowie eine Mehrauslastung von Großveranstaltungen. Ab 20. März enden die Schutzmaßnahmen weitgehend, allerdings soll ein sogenannter »Basisschutz« bestehen bleiben. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage – doch wie schon bei der Debatte um die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zeigt sich, dass die Koalitionspartner in ihren inhaltlichen Grundzügen doch sehr stark voneinander abweichen.
Globaler Lockerungsdruck
Während SPD und Grüne sowie insbesondere Gesundheitsminister Karl Lauterbach für ein maßvolles Vorgehen plädieren, würde die FDP am liebsten fast alle Maßnahmen aufheben. »Die aktuelle Lage erlaubt Lockerungen, aber keinen Leichtsinn«, sagt der Grünen-Gesundheitexperte Janosch Dahmen. FDP-Vize Johannes Vogel kontert: »Die tiefgreifenden Einschränkungen müssen mit dem beginnenden Frühling enden wie in unseren europäischen Nachbarländern auch.«
Deutschland befindet sich momentan in einer seltsamen Zwischenwelt. Einerseits ist aufgrund der Omikron-Variante, die klinisch tatsächlich mildere Verläufe im Vergleich zu Delta verursacht, sowie des Impffortschritts und der Pandemiemüdigkeit ein internationaler Lockerungsdruck entstanden, dem die Bundesregierung sogar noch einigermaßen standhält. Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten wie Dänemark und Großbritannien gelten hierzulande noch vergleichsweise strenge Maßnahmen. Andererseits: Auch mit Omikron gibt es schwere Verläufe und Todesfälle sowie Unsicherheiten hinsichtlich Long Covid, also Langzeitfolgen. Insbesondere unter Schüler*innen, die zu einem beträchtlichen Teil noch nicht geimpft sind, hat es in den vergangenen Wochen viele Infektionen gegeben, manche beklagen gar eine »Durchseuchung« an den Schulen. Ein weiterer Rückgang staatlicher Steuerung hat zur Folge, dass das Pandemiemanagement noch mehr zur Privatsache erklärt wird.
Immerhin: Eine Verlängerung der Maskenpflicht erklärte FDP-Fraktionschef Christian Dürr für denkbar. Das erscheint sinnvoll: Forschende des Göttinger Max-Planck-Instituts gehen davon aus, dass FFP2-Masken Omikron vielleicht sogar besser zurückhalten als Delta. Eine Studie deutet darauf hin, dass bei der Omikron-Variante die meiste Viruslast in den größeren Partikeln steckt.
Hygienekonzepte und 2G/3G umstritten
Umstrittener sind Hygienekonzepte und Optionen auf 2G und 3G – und tatsächlich ist ja fraglich, inwieweit der Ausschluss von Ungeimpften beispielsweise aus dem Nachtleben bei einer Variante, bei der zugelassene Impfstoffe nur teilweise gegen symptomatische Infektionen helfen, die Infektionskurve beeinflussen kann. Wenngleich natürlich weiterhin gilt, dass Impfungen gegen schwere Verläufe und Tod gut schützen sowie auch gegen Erkrankung und Weitergabe des Virus einen gewissen Nutzen bringen – anders, als von Impfgegner*innen häufig behauptet.
Nicht nur SPD und Grüne, auch die Länder drängen auf einen breiteren Katalog von Regelungen über den 20. März hinaus. »Aus Sicht der Länder brauchen wir aus der Sammlung der bewährten Schutzmaßnahmen insbesondere Maskenpflicht, Abstandsregeln, Hygienekonzepte, Tests und zumindest die Möglichkeit, in besonders gefährdeten Bereichen Testpflichten und Nachweispflichten vorzusehen«, sagt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Sollte sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit der FDP nur auf die Maskenpflicht einigen können, bliebe ihm noch die Option, den Ländern eigenständig die Rückkehr zu stärkeren Schutzmechanismen zu ermöglichen.
Gleichwohl: Es wäre ein Armutszeugnis für den Kanzler, würde er auch in dieser Frage keine Mehrheit in den eigenen Reihen zusammenbekommen. Die Ampel, das deutet sich schon in den ersten Woche nach ihrer Vereidigung an, findet insbesondere im Krisenmanagement nur schwer zu einer gemeinsamen Sprache.
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