Der Krieg und das Brot

Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit – Russland aber auch

Die Ukraine ist einer der wichtigsten Exporteure von Getreide weltweit. Sollten wegen des Konflikts mit Russland diese Ausfuhren wegfallen, könnten die ohnehin schon hohen Preise für Lebensmittel weiter steigen.

An den Rohstoffmärkten spekuliert man offenbar darauf: Die Getreidepreise steigen wegen der Spannungen um die Ukraine bereits seit Monaten. Als Reaktion auf den russischen Einmarsch kletterte der Preis für eine Tonne Weizen zur Lieferung im März an der Pariser Börse Euronext am Donnerstag noch einmal stark auf das neue Hoch von 344 Euro. Auch der Preis für Mais legte deutlich zu. Die Ukraine ist beim Mais der viertgrößte Exporteur weltweit, beim Weizen fünftgrößter. Die Frage ist, ob die Kämpfe die Lieferungen gefährden. Das ist wohl der Fall, da der wichtige ukrainische Schwarzmeerhafen Odessa beschossen wird. Auch eine längerfristige Seeblockade Russlands ist möglich.

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Generell werden Lebensmittelrohstoffe aktuell so teuer gehandelt wie zuletzt im Jahr 1974. Damals wie heute war dies zum Teil dem hohen Ölpreis geschuldet: 1973 verhängte das Opec-Kartell ein Embargo, heute ist Öl wegen der Marktturbulenzen in Folge der Corona-Pandemie teuer. Aktuell kommt noch der hohe Gaspreis dazu. Beides verteuert die Herstellung von Dünger. Zudem hatte Russland für die Monate Februar und März ein Exportverbot für Ammoniumnitrat verhängt, einen Bestandteil von Stickstoffdünger. Dies war gravierend, weil das Land bei Dünger einen Weltmarktanteil von knapp zwei Dritteln hat.

In Europa sind besonders Speiseöle dadurch bereits erheblich teurer geworden. Die EU-Länder beziehen zudem ein Viertel des Speiseöls aus der Ukraine. Diese ist der weltgrößte Exporteur von Sonnenblumenöl und liegt bei Rapsöl auf Platz zwei. Die EU hätte hingegen keine größeren Schwierigkeiten, einen Wegfall der Weizen- und Maiseinfuhren aus der Ukraine auszugleichen. Sie ist weitgehend Eigenversorger und importiert von dort geringe Mengen. Anderswo gäbe es größere Probleme: Der Libanon importiert die Hälfte des Weizenbedarfs aus der Ukraine. Auch Libyen (43 Prozent), Malaysia und Indonesien (je 28 Prozent), der Jemen (22 Prozent), Bangladesch (21 Prozent) und Ägypten (14 Prozent) sind hiervon stark abhängig.

Sollte die Ukraine als Exporteur jetzt ausfallen, würde davon ganz besonders ein Land profitieren: Russland, wichtigster Exporteur von Weizen weltweit, könnte wohlgeneigte Länder beim Export bevorzugen. Und China, seinerseits globaler Weizenproduzent Nummer eins, hat bereits Bedarf angemeldet: Wie die Pekinger Zollverwaltung am Donnerstag mitteilte, sollen bisherige Einfuhrbeschränkungen für Weizen aus Russland aufgehoben werden – bisher durfte nur aus sieben Anbauregionen importiert werden.

Bei Mais sieht es nur marginal besser aus: Hier sind zwar die USA der weltgrößte Exporteur. Auf den Plätzen folgen allerdings Argentinien und Brasilien, wo derzeit Dürre herrscht, was für die aktuell hohen Preise mitverantwortlich ist. Daher wäre auch hier der Wegfall der ukrainischen Exporte auf dem Weltmarkt spürbar. Die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO warnt schon seit Monaten davor, dass es wegen der hohen Lebensmittelpreise wie zu Beginn des Arabischen Frühlings im Jahr 2010 in manchen Ländern zu Unruhen kommen könnte. Die russische Invasion in der Ukraine könnte so auch anderswo politische Folgen haben.

An den Rohstoffbörsen ging es am Freitag, wie häufig in solchen Krisen, mit dem Weizenkurs erst mal wieder bergab. Hier werden Futures gehandelt, und wie die Zukunft genau aussieht, ist natürlich unklar.

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