Westen beschließt weitgehenden Swift-Rausschmiss

Die Europäische Union, USA und Verbündete bringen zusätzliche wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland auf den Weg

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Westen hat weitgehende wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. »Wir, die Präsidentin der Europäischen Kommission sowie die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, Italiens, des Vereinigten Königreichs, Kanadas und der Vereinigten Staaten verurteilen Putins Kriegsentscheidung und die Angriffe auf die souveräne Nation und Bevölkerung der Ukraine«, heißt es in einer am Samstagabend veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Dazu zählt auch der schon länger geforderte Ausschluss russischer Banken aus dem globalen Zahlungssystem Swift.

»Dadurch wird sichergestellt, dass diese Banken vom internationalen Finanzsystem abgekoppelt werden und ihre Fähigkeit, global zu agieren, beeinträchtigt wird«, heißt es dazu in der Erklärung. Laut Angaben der Bundesregierung sind 70 Prozent des russischen Bankenmarktes und wichtige staatliche Unternehmen von den Strafmaßnahmen betroffen. Neben Sanktionen gegen die russische Zentralbank und Privatpersonen wurden unter anderem auch Exportstopps verhängt. Unter anderem soll es Russland unmöglich gemacht werden, seine Ölraffinerien zu modernisieren. Auch wird der Zugang zu Halbleitern und Software-Produkten eingeschränkt sowie der Verkauf von Flugzeugen an russische Airlines verboten.

Swift - die Abkürzung steht für »Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication« - stellt die technische Infrastruktur zur Verfügung, damit Finanzinstitute über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können. Das betrifft zum Beispiel Geldtransfers, Wertpapier- oder Edelmetallgeschäfte. Mehr als 11 000 Teilnehmer in über 200 Ländern nutzen nach Angaben von Swift den Dienst. Grundsätzlich können Banken auch ohne Swift kommunizieren, doch ist dies sehr viel umständlicher. Der Ausschluss russischer Banken vom System schränkt diese also im internationalen Verkehr stark ein. Es läuft auf einen Ausschluss vom global vernetzten Finanzsystem hinaus.

Bis zum Wochenende hatte sich die Bundesregierung gegen diesen Schritt gestellt. Ein Swift-Rausschmiss hätte »massive Kollateralschäden« und könnte auch die deutsche Energieversorgung gefährden, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock noch am Freitag in der ARD. Dann könnten auch Energieimporte nicht mehr finanziert werden.

Nun betonte Baerbock bei ihrer Rede im Bundestag am Sonntag, dass man die Swift-Sanktionen so angelegt habe, »dass sie das System Putin treffen und nicht als Bumerang auf uns zurückkommen«. So sollen die Rechnungen für russische Energielieferungen weiter bezahlt werden können. Schließlich ist Deutschland zum Beispiel rund zur Hälfte von Erdgas aus Russland abhängig.

Dennoch geht man davon aus, dass die Sanktionen für Russland schmerzhaft sein werden. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, erwartet, dass die Sanktionen den Westen »einiges kosten« werden, die russische Wirtschaft aber weit härter treffen, wie er twitterte: »Es wird Erschütterungen an den Finanzmärkten geben, aber anders geht es nicht.« Laut der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm werden vor allem die Sanktionen gegen die Zentralbank die russische Wirtschaft hart treffen. Russland habe hohe Devisenbestände, könne nun damit aber nicht mehr den Rubel stabilisieren, der bereits unter Druck geraten sei, sagte Grimm der Nachrichtenagentur dpa.

Neben dem Swift-Ausschluss und den Maßnahmen gegen die russische Zentralbank will der Westen vor allem gegen russische Konzerne und Oligarchen vorgehen, »die den Krieg in der Ukraine und die schädlichen Aktivitäten der russischen Regierung unterstützen«, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von EU-Kommission, USA und Co. So soll die Möglichkeit des Erwerbs »goldener Pässe« eingeschränkt werden. Damit ist der Erwerb einer Staatsbürgerschaft in einem Staat mittels Investitionen gemeint, der in einigen EU-Staaten möglich ist.

Vor allem will man Vermögen der Oligarchen einfrieren. »Im Rahmen dieser Bemühungen werden wir Sanktionen und andere Finanz- und Durchsetzungsmaßnahmen gegen weitere russische Amtsträger und Eliten im Umfeld der russischen Regierung sowie gegen deren Familien und Unterstützer verhängen, um die Vermögenswerte, die sie in unseren Hoheitsgebieten halten, zu ermitteln und einzufrieren«, heißt es in der Erklärung. Mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.