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Die Hauptstadt bettet Polizeischüler
Erstes neu gebautes Wohnheim für Auszubildende des Landes in Spandau übergeben
Großer Auflauf am Donnerstagvormittag in Hakenfelde. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey ist ebenso angereist wie Innen-Staatssekretär Torsten Akmann (beide SPD), Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Feuerwehr-Vizechef Karsten Göwecke, dazu der Chef der Berlinovo, Alf Aleithe. Gefeiert wird die Schlüsselübergabe für ein neues Wohnheim für Anwärterinnen und Anwärter für den Polizeidienst, der Feuerwehr und Auszubildende des Landes Berlin allgemein.
Zehn Busminuten vom Bahnhof Spandau entfernt sind in nur neun Monaten 100 Einzel- und 34 Doppelapartments in einem dreigeschossigen Bau entstanden. Die rasante Errichtung möglich gemacht hat die Bauweise mit Beton-Fertigmodulen des Herstellers Max Bögl. Die rund 6,40 mal 3,20 Meter großen, containerartigen Module werden im Betonwerk des Konzerns in Bayern produziert, per Lkw an den Aufbauort transportiert und schließlich vor Ort gestapelt. Nur fünf Beschäftigte haben in Hakenfelde den Aufbau verantwortet. Das dauerte rund vier Monate. Für den Innenausbau - Fugen bearbeiten, Böden verlegen, Wände streichen - waren rund 30 Beschäftigte nötig.
Giffey findet große Worte: »Wir sind hier in der Pionierstraße, und man kann das schon so sagen: Das ist hier eine Pionierleistung.« Denn die 168 Wohnheimplätze sollen der Auftakt für ein größeres Bauprogramm sein, in dem die fast zu 100 Prozent in Landesbesitz befindliche Berlinovo bis 2026 rund 2000 Wohneinheiten für Landesbeschäftigte errichten soll. 340 Euro beträgt die Bruttowarmmiete für ein 20 Quadratmeter großes Apartment. »Das, was hier entstanden ist, brauchen wir an ganz vielen Orten in der Stadt«, sagt die Regierende. Maximal 400 Euro monatlich soll jeder Wohnplatz kosten, erklärt Berlinovo-Sprecher Ulrich Kaliner auf nd-Anfrage. Genauso wie die 5900 Studierendenunterkünfte, die die Berlinovo bis 2026 errichtet haben soll. »Wir orientieren uns am Bafög-Satz«, sagt Kaliner.
Es sei »ein großer Grund zur Freude, dass wir endlich nach Jahrzehnten jungen Anwärterinnen und Anwärtern eigenen Wohnraum bieten können«, sagt Innen-Staatssekretär Akmann. Rund 1200 würden pro Jahr bei der Polizei eingestellt, »weit über ein Drittel der Bewerberinnen und Bewerber kommen nicht aus Berlin«, so Akmann weiter. Es herrscht eine große Konkurrenz mit den Bundessicherheitsbehörden, die in der Regel mehr zahlen. Bereits vor drei Jahren sei die Stelle der Wohnungsfürsorge an der an das Gelände angrenzenden Polizeiakademie wieder eingerichtet worden.
»Über 500 Wohnungen wurden durch sie bereits vermittelt«, ergänzt Polizeipräsidentin Slowik. Sie berichtet von einem Gespräch mit ihrem Sohn, das sie kurz vor ihrem Dienstantritt als Polizeipräsidentin 2018 geführt habe. »Ich habe einen Berliner Jungen kennengelernt, der fängt bei der Polizei Hamburg an«, habe der damals 18-Jährige berichtet. Der Grund: »Weil es dort günstige Wohnungen für Anwärter gibt.« Polizeischüler hätten Slowik berichtet, dass sie gern wieder kaserniert werden würden, wie es früher die Regel war. Gemeinsam wohnen, gemeinsam Sport treiben, die Nähe zur Ausbildungsstätte: Das seien die Argumente gewesen. 62 der 100 Einzelapartments seien schon belegt, die Hälfte davon von Menschen, die ihre Ausbildung gerade beginnen. Die Höchstmietdauer beträgt 42 Monate.
Laut Hersteller Max Bögl können die Fertigmodule bis zu achtgeschossig gestapelt werden. Wäre mehr Zeit für die Schaffung des entsprechenden Baurechts aufgewendet worden, hätten auf gleicher Fläche also Wohnplätze für 450 Menschen entstehen können.
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