Demokratie für wirklich alle

Volksinitiative für Ausweitung des Wahlrechts beginnt mit Unterschriftensammlung

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Demokratie für alle«, so schlicht hat sich das neue Bündnis benannt, das diesen Donnerstag mit der Unterschriftensammlung für eine neue Berliner Volksinitiative beginnen will.

Drei Kernforderungen sollen den Zugang zu demokratischen Abstimmungsmöglichkeiten deutlich ausweiten. Zunächst geht es um die sofortige Senkung des Wahlalters für Abgeordnetenhauswahlen und Volksentscheide auf 16 Jahre. Zudem sollen alle Menschen, die seit mindestens drei Jahren in Deutschland gemeldet sind, aktives und passives Wahlrecht bei allen Wahlen erhalten - von der Bezirksverordnetenversammlung bis zum Europaparlament -, unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Schließlich sollen Anträge und Unterschriften für Plebiszite künftig zusätzlich auch elektronisch gesammelt werden können.

»Als Fachverband arbeiten wir seit Längerem an diesen Themen, aber diesmal kam die Initiative nicht von uns«, sagt Regine Laroche zu »nd«. Sie ist Mitglied des Landesvorstands des Vereins Mehr Demokratie Berlin-Brandenburg und eine der Sprecherinnen der neuen Initiative. Zu den Mitgliedern des Bündnisses gehören unter anderem die Initiativen Deutsche Wohnen & Co enteignen, Klimaneustart Berlin und Berlin autofrei, Expedition Grundeinkommen sowie die Kampagne »Nicht ohne uns 14 Prozent« für das Wahlrecht von Ausländerinnen und Ausländern. Auch der bekannte Aktivist Raúl Krauthausen, der sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung einsetzt, gehört dazu.

»Rund ein Drittel der Berlinerinnen und Berliner sind nicht wahlberechtigt«, sagt Regine Laroche. Selbst EU-Bürger dürfen bisher nur bei den Wahlen und Volksabstimmungen auf Bezirksebene mitentscheiden. Hier soll Berlin eine Bundesratsinitiative starten, um das Thema auf die Bundesebene zu hieven, wo darüber entschieden werden kann.

Das gilt auch für 16- bis 18-Jährige. »Das Wahlalter 16 ist Konsens in der Koalition. Uns geht es darum, dass es nicht irgendwann gegen Ende der Legislaturperiode kommt, sondern so schnell wie möglich«, so Laroche. »Die jungen Menschen, die jetzt leben, müssen mit den Entscheidungen leben, die jetzt fallen«, unterstreicht sie die Bedeutung für anstehende Volksbegehren. »Bei Menschen, die die Ausweitung des Wahlrechts auf unter 18-Jährige ablehnen, hört man zum Teil die gleichen Argumente wie vor über 100 Jahren gegen die Einführung des Frauenwahlrechts«, so Laroche.

Die geforderte zusätzliche Möglichkeit, Unterschriften für Volksbegehren und Co auch online leisten zu können, habe auch etwas mit Teilhabe, unter anderem für Menschen mit Behinderung zu tun, sagt Regine Laroche. »Gerade in Zeiten der Digitalisierung ist das allerdings eine Selbstverständlichkeit, die auch die Verwaltung bei der Prüfung von Unterschriften deutlich entlasten könnte«, so Laroche weiter.

»Ich finde den Aufschlag sehr gut, weil ich ihn für demokratiestärkend halte«, sagt Susanna Kahlefeld zu »nd«. Sie ist Sprecherin für Bürgerschaftliches Engagement der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. »Wahlrecht zu gewähren, führt dazu, dass die Leute sich eher engagieren und schneller die Staatsbürgerschaft beantragen, wie Untersuchungen gezeigt haben«, so Kahlefeld weiter. Da die FDP auch für das Wahlrecht ab 16 Jahren eintritt, sollte zumindest dafür die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus zusammenkommen.

Für die Volksinitiative müssen 20.000 Unterschriften gesammelt werden. Unterschreiben können alle mindestens 16-Jährigen, die in Berlin gemeldet sind. Bei Erfolg erhält die Initiative Rederecht im Abgeordnetenhaus.

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