- Politik
- Söldner in der Ukraine
Tschechen wollen in der Ukraine kämpfen
Prag ermöglicht Freiwilligen, sich der ukrainischen Armee anzuschließen
Dem Appell des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, sich einer ukrainischen Fremdenlegion anzuschließen, wollen auch tschechische Freiwillige folgen. Der Sprecher der Präsidialkanzlei, Jiří Ovčáček, erklärte, dass sich bereits 300 Personen an das Büro des Staatspräsidenten Miloš Zeman mit der Bitte gewandt haben, sie in einer ukrainischen Armee dienen zu lassen. Weitere 100 Männer hätten sich beim Verteidigungsministerium mit demselben Anliegen gemeldet.
Dass sich die Kampfbereiten mit ihrem Ersuchen an die Präsidialkanzlei gewandt hatten, mag nicht weiter verwundern. Denn nach tschechischem Recht ist es gesetzwidrig, sich in einem Heer einer fremden Macht anzudienen. Ungeachtet dessen läuft die Diskussion einer solchen solidarischen Handlung mit der ukrainischen Regierung schon länger. In einer ersten Erklärung nach der russischen Invasion hatte der erst seit kurzem im Amt befindliche Regierungschef Petr Fiala (Bürgerdemokraten, ODS) erklärt, man werde sich selbstverständlich solidarisch an die Seite Kiews stellen und die westliche Freiheit und Demokratie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Als einer der ersten Staaten lieferte die Tschechische Republik Waffen und Munition in die Ukraine.
Kürzlich traf sich Fiala nun mit Präsident Zeman in der Sommerresidenz Burg Laný. Fiala bat das Staatsoberhaupt, das auch die Funktion des Oberbefehlshabers der tschechischen Streitkräfte innehat, den Freiwilligen, die sich für einen Einsatz in die Ukraine verpflichten möchten, Straffreiheit in der Republik zu garantieren. Bislang riskiert, wer für eine fremde Macht kämpft, hierzulande eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Für den Fall, dass Tschechien selbst bedroht wird, kann sogar für denjenigen, der sich einer fremden Macht verdingt, eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren gefordert werden.
Die zwischen Fiala und Zeman verabredeten Konditionen sollen immerhin ein Aussetzen der Strafverfolgung für diejenigen Freiwilligen enthalten, die in nächster Zeit als Privatpersonen als Kämpfer in die Ukraine ziehen. »Wir werden jedoch keine eigenständige Legion bilden, in der unsere Soldaten dienen«, erklärte Petr Fiala kategorisch.
Diese Zurückhaltung des Regierungschefs ist nur zu verständlich. Als Nato-Bündnispartner wären die tschechischen Soldaten nämlich Konfliktpartei und könnten somit eine weitere militärische Eskalation der Ukraine-Krise heraufbeschwören.
Deshalb ist von Seiten der staatlichen Stellen in Prag auch klargestellt worden, dass die Freiwilligen keinen Status als Militärangehörige haben, weder im Nachhinein als Veteranen anerkannt noch pensionsberechtigt sind. Als Privatpersonen, die sich vom ukrainischen Heer akquirieren lassen, müssen sie sich vergegenwärtigen, dass sie auch nicht internationalen Militärkonventionen unterliegen. Dies machte bereits der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums deutlich. »Ich möchte offiziell betonen, dass alle vom Westen entsandten Söldner, die dem nationalistischen Regime in Kiew dienen, nicht dem internationalen Menschenrecht unterliegen. Sie werden nicht als Kriegsgefangene anerkannt und müssen im Falle einer Gefangennahme mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen«, erklärte Igor Konaschenkow. Der russische Militärsprecher erneuerte seinen Vorwurf, die Söldnerlegionen würden von US-amerikanischen Privatfirmen aus Dänemark, Großbritannien, Kroatien, Lettland und Polen angeworben. Man suche vor allem »ethnische Ukrainer«, die bereit wären, in den Legionen zu kämpfen.
Mehr als 100 Tschechen sollen unbestätigten Angaben zufolge bereits derzeit an der Seite der ukrainischen Armee eingesetzt sein. Fraglich bleibt, ob die russische Seite bei Gefangennahme diese Legionäre als Nato-Soldaten anerkennen könnte, um dann die militärischen Aktionen auszudehnen.
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