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Greenpeace sperrt Raffinerie
Politik kritisiert Aktion in Schwedt - nur die Grünen äußern Verständnis
Vor der Erdölraffinerie in Schwedt hat die Umweltorganisation Greenpeace gegen Ölimporte aus Russland protestiert. 40 Aktivistinnen und Aktivisten blockierten am Dienstagmorgen für Stunden den Haupteingang. Von einem Dach wurde ein Banner mit der Aufschrift »Peace not Oil« entrollt. Vier Umweltschützer machten sich an Schienen fest, auf denen Diesel und Benzin abtransportiert wird. »Mit diesem Öl finanziert Putin seinen Krieg und damit finanziert Deutschland diesen Krieg mit«, sagte Aktivistin Marion Tiemann. Welche Auswirkungen die Blockade für die Produktion hat, war zunächst unklar. Die Aktivisten verteilten nach eigenen Angaben Informationsblätter an Beschäftigte, die zur Arbeit wollten. Gegen Mittag lösten Polizisten die Fesseln der Blockierer und trugen diese von den Schienen.
Der russische Energiekonzern Rosneft hatte im vergangenen Jahr einen Großteil der PCK-Raffinerie übernommen. Mehr als 1100 Menschen arbeiten in dem Betrieb. Dort endet die aus Russland kommende Pipeline »Druschba« (Freundschaft), über die Deutschland 25 Prozent seiner Rohölimporte erhält. Die Raffinerie verarbeitet jährlich zwölf Millionen Tonnen Rohöl. 90 Prozent der Versorgung mit Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl in Berlin und Brandenburg werden hier sichergestellt. Das bedeutet auch: Neun von zehn Autos fahren mit Kraftstoff aus Schwedt.
Wegen der explodierenden Energie- und Benzinpreise forderte der Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Linke) am Dienstag einen Schutzschirm der Politik. Die Kosten seien zwar schon vor dem Krieg in der Ukraine gestiegen. Doch sei seit zwei Wochen ein enormer Preissprung zu beobachten, mit dem man vor allem die Einkommensschwächeren in der Gesellschaft nicht alleinlassen dürfe, forderte Büttner. Für die Blockade von Greenpeace in Schwedt brachte er wenig Verständnis auf. Es gehe hier um mehr als 1100 Arbeitsplätze. Würde der Betrieb zusammenbrechen, wäre das »eine Katastrophe für die Region«. Die Politik habe die Aufgaben, Jobs zu sichern. Büttner schlug einen Härtefallfonds für die Kommunen vor. Landkreise signalisierten aufgrund hoher Spritpreise Kostensteigerungen von einer Million Euro, erinnerte der Abgeordnete. Vor diesem Hintergrund drohe das Einstellen ganzer Buslinien. Angekündigte Änderungen bei der Pendlerpauschale »nützen aktuell nichts, denn die hohen Preise an der Tankstelle müssen jetzt bezahlt werden«. Desgleichen gelte es, eine Mitnahmementalität bei der Gewinnspanne zu unterbinden.
Die von Büttner vorgeschlagenen Maßnahmen würden das Land Brandenburg rund eine halbe Milliarde Euro kosten, rechnete er selbst vor. Doch wäre das »gut angelegtes Geld«. Sollte die Öllieferung aus Russland unterbrochen werden, wäre die Herstellung eines großen Teils der in Ostdeutschland verbrauchten Erdölprodukte gefährdet. Sicher würde Russland bei einem Importstopp nicht mehr 650 Millionen Euro pro Tag erhalten. Aber gleichzeitig könne damit die Destabilisierung des Westens einhergehen, sagte Büttner.
Greenpeace habe nicht unberechtigt »den Finger in die Wunde gelegt«, meinte der Landtagsabgeordnete Benjamin Raschke (Grüne). Die Spritpreise würden deutlich stärker steigen als die Rohölpreise. Es sei sehr wahrscheinlich, dass es die Betreiber der Raffinerien seien, die hier »die großen Gewinne mitnehmen«. Staatliche Hilfen in Form von Zuschüssen pro Liter seien nur bedingt wirksam. Denn die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass »die Raffinerien diese Zuschüsse einfach beim Preis aufschlagen«.
Die Unsicherheit bei den russischen Energielieferungen »bestärkt uns darin, schneller davon unabhängig zu werden«, setzte Raschke hinzu. Eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken scheide aus, aber »wir können uns vorstellen, neben Braunkohlewerken auch einen Haufen Steinkohle auf Vorrat zu legen, der genutzt werden kann, wenn Not am Mann ist«. Das seien »alles keine schönen Dinge«, betonte Raschke.
»Wer jetzt die Arbeit und die Abläufe in Schwedt stört, riskiert die Versorgungssicherheit«, beschwerte sich der SPD-Abgeordnete Ludwig Scheetz. Öllieferungen über Lastwagen wären aber für den Fall möglich, dass die Erdölleitung »Freundschaft« ausfalle. Die Versorgungssicherheit in Deutschland könne nicht allein in Brandenburg gewährleistet werden. Vor sozialen Härten dürften die Augen nicht verschlossen werden, sagte Scheetz. Um die Abhängigkeit von Energielieferungen zu verringern, müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert werden.
Doch da meldeten die Freien Wähler Zweifel an. Was ist, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? »Die Speicherung ist nicht möglich«, bedauerte Fraktionschef Péter Vida. Die Freien Wähler wünschen deshalb eine Verlängerung der Sicherheitsbereitschaft der Braunkohlekraftwerke in der Lausitz. Sie regen Gespräche mit Norwegen und Österreich über die Lieferung von Energie an, die aus Wasserkraft gewonnen wird.
Es könne nicht sein, dass der Staat von steigenden Rohstoffpreisen zusätzlich profitiert, meinte der CDU-Abgeordnete Steven Bretz. Denn der Staat nimmt mehr Steuern ein, wenn die Benzinpreise steigen. »Schnellstens« sollten Gegenmaßnahmen ergriffen werden, findet Bretz. Mit dpa
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