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  • Fußball: Deutschland gegen Israel

Weiter geht die Werbetour

Deutschlands Fußballer starten mit einem 2:0-Sieg gegen Israel ins WM-Jahr

  • Frank Hellmann, Sinsheim
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Bemühen um eine bessere Bindung zum Fußballfan ist im Großen wie im Kleinen bei der deutschen Nationalmannschaft offenkundig. Als der Reservist Antonio Rüdiger am Samstagabend in Sinsheim nach dem Aufwärmen in die Kabine ging und auf der Tribüne einige Jugendliche kreischten, grüßte der Abwehrstar vom FC Chelsea freundlich zurück. Als nach Spielende eine Schar Kinder um ein Autogramm bat, stapfte Torschütze Timo Werner nicht sofort in die Kabine, sondern unterschrieb noch am Absperrgitter, an dem auch Einwechselspieler Lukas Nmecha noch Fotowünsche erfüllte.

Solche Bilder schienen nach dem geglückten Auftakt ins WM-Jahr gegen Israel (2:0) vor 25 600 Zuschauern in der ausverkauften Arena gegenüber vom Technik-Museum an der A6 fast genauso wichtig wie das Resultat, wobei Bundestrainer Hansi Flick eher beiläufig registrierte, dass sein Startrekord jetzt bei acht Siegen (und 31:2 Toren) steht. Gleichwohl spürte der 57-Jährige bei seinem Heimspiel in der von ihm geliebten Region - er wohnt in Bammental, ist in Mückenloch aufgewachsen - dass die Menschen der DFB-Auswahl gegenüber wieder positiv gestimmt sind udn inzwischen sogar wieder bereit sind, Schönheitsfehler zu verzeihen.

Den wohl gravierendsten hatte dabei der ansonsten bärenstarke Debütant Nico Schlotterbeck begangen, der in der Nachspielzeit schon im Schlaf des Gerechten träumte, als ihm ein törichtes Foulspiel an Yonatan Cohen unterlief, der aber mit seinem Elfmeter am zur Pause eingewechselten Torwart Kevin Trapp scheiterte. Zuvor hatte auf der Gegenseite Thomas Müller bei einem Strafstoß zu genau gezielt und nur den Pfosten getroffen. »Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden. Die Freude wäre etwas getrübt gewesen, wenn wir zum Schluss noch ein Gegentor bekommen«, mahnte Flick. Von einem »kleinen Arroganzanfall« sprach ZDF-Experte Per Mertesacker bei Schlotterbeck - und Flick hoffte inständig, dass seinem wasserstoffblondierten Neuling »diese letzte Aktion hoffentlich eine gute Lehre« gewesen sei. Denn es sind genau solche Aktionen, die bei der WM in Katar laut Flick »tödlich« sein können.

Dass der (noch) für den SC Freiburg spielende 22-Jährige mit seinem starken linken Fuß in der Spieleröffnung eine echte Alternative darstellt, war offensichtlich. Wie überhaupt viele Einzelspieler Werbung in eigener Sache betrieben, weil mit Manuel Neuer, Niklas Süle und Rüdiger, Leon Goretzka, Joshua Kimmich oder Serge Gnabry ein halbes Dutzend Stammkräfte entweder zur Schonung oder aus Verletzungsgründen fehlten. Aber die Nachrücker machen Druck. Wie der Linksverteidiger David Raum, noch so ein in einer erfreulichen Entwicklung befindlicher U21-Europameister, der als Lokalmatador von der TSG Hoffenheim nicht zufällig jenen Eckball schlug, in dessen Anschluss der erste Halbzeit überragende Kai Havertz die Kugel einköpfte (36.).

Sein Vereinskamerad beim FC Chelsea, der unter Thomas Tuchel selten zum Zug kommende Timo Werner, bestätigte, dass auf ihn im DFB-Dress Verlass ist, als der schnelle Stürmer nach Freistoß von Ilkay Gündogan gedankenschnell vollendete (45.+1). Sein sechstes Tor unter Flick sei kein Zufall, erklärte Werner, »vielleicht passt das hier mehr zu mir«. Die Liste ließe sich über den umsichtigen Rückkehrer Julian Weigl, den in offensiver und defensiver Rolle überzeugenden Jamal Musiala (Flick: »Wenn er auf diesem Niveau spielt, ist er für jede Mannschaft eine Bereicherung, auch für Bayern München und die Nationalmannschaft.«) oder den selbstbewussten Debütanten Anton Stach (»Ich bin ein Spielertyp, den es durch meine Größe und Dynamik nicht so häufig gibt.«) noch verlängern. Und natürlich hat auch Trapp mit seiner späten Parade im Wettstreit mit Bernd Leno als dritter WM-Torwart gepunktet.

Der zweite Anzug sitzt einigermaßen ordentlich, auch wenn der biedere Weltranglisten-77. Israel kein echter Gradmesser war. Gegen stärkere Gegner braucht es dringend mehr Effizienz und Konsequenz. Da kommt das Prestigeduell am Dienstagabend gegen die Niederlande wie gerufen. Beim »Derby gegen Holland«, sagte Müller die vergangenen Tage, »ist das Scheinwerferlicht noch mal greller«. Wobei sich der Bundestrainer am Sonnabend noch weigerte, über den Klassiker gegen die Oranjes zu sprechen - das wolle er erst am Montag bei der letzten Pressekonferenz im Teamquartier in Neu-Isenburg tun, wo am Sonntag Regeneration angesagt war. Dass es Trainern und Spielern viel bedeutet, gegen den früheren Bayern-Lehrmeister Louis van Gaal als Bondcoach zu bestehen, versteht sich von selbst.

Ob Deutschland wirklich schon wieder zu den großen Teams zählt, die berechtigterweise in Katar den Gewinn des Goldpokals anpeilen, darüber geben erst Aufgaben wie jetzt in Amsterdam Aufschluss. Danach wird sich der Blick unweigerlich auf den 1. April richten, wenn in Doha bereits die WM-Endrunde ausgelost wird. Deutschland liegt, das bringt das Fifa-Ranking nun mal mit sich, dann nur im zweiten Lostopf. Sympathiepunkte zu sammeln, reicht bei der avisierten Rückkehr in die Weltspitze nicht.

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