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- BallHaus Ost: Fußballspieler zum Anfassen
Ein Hoch auf die Unterklassigkeit
Wie schön der Fußball sein kann, zeigen die Spiele im Landespokal
Bekanntlich gibt es für viertklassige (oder noch tiefer gefallene) Traditionsvereine nur eine Möglichkeit gegen Megaklubs wie Bayern München oder Borussia Dortmund unter Wettkampfbedingungen anzutreten: Man muss sie in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals zugelost bekommen.
In seiner Kolumne "Ballhaus Ost" blickt Frank Willmann alle zwei Wochen auf die Geschehnisse im Ostfußball - das wilde Treiben in den Stadien zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.
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Freilich müssen sich die einstmals dicken Fische dafür erst mal in die Siegerliste des jeweiligen Landespokals eintragen. Am vergangenen Wochenende hatten diverse Scheinriesen dabei reichlich Spaß. Der Hallesche Fußballclub, immerhin Drittligist, schaffte es tatsächlich, von Einheit Wernigerode aus dem Wettbewerb geworfen zu werden. Weil der 1. FC Magdeburg, Finalist in Sachsen-Anhalt, als fest feststehender Zweitligaaufsteiger schon einen sicheren Startplatz im DFB-Pokal hat, hätte der HFC nur gegen die Freizeitfußballer aus der fünften Liga gewinnen müssen, um in den Genuss der fetten Pokalprämie des DFB zu gelangen. In der dritten Liga zeigte Halle bisher nicht viel, gegen den Einheit Wernigerode hatte kein Hallenser Bock und der Trainer schaffte es nicht, seine Knaben zu motivieren.
Der FC Carl Zeiss Jena und die BSG Chemie Leipzig nahmen ihren Job im thüringischen und sächsischen Pokal ernster und siegten auf rumpeligen Plätzen, wo Gevatter Maulwurf noch ein gehöriges Wörtchen mitzureden hat.
Das Schöne am Pokal ist doch aber, wenn der Kleine dem Großen ein Bein stellt. Leider passiert das bei Spielen gegen Bayern nur sehr selten. Zu dominant sind die Teams der Großkopferten. Obwohl der Fußball von der Spannung und vom Fußball lebt - Rekordmeister Bayern München hat es mit Geschick und Geld geschafft, den Zufall auszuschalten.
Christian Spiller, Sportchef von »Zeit Online«, hat ein hoffnungsloses Buch herausgebracht. »Der Fluch der Megaclubs« beschreibt, wie es dazu kommen konnte, dass im deutschen Titelkampf die lange Weile regiert. Spiller hat mit Profiteuren, Wissenschaftlern und Fans gesprochen. Sein Fazit ist traurig: Die Zeit, in der Energie Cottbus in die Bundesliga gelangte, ist endgültig vorbei. Geld schießt Tore, Solidarität untereinander gibt es nicht – wer einmal in den Kuchen Bundesliga gebissen hat, will mehr davon, ohne dem Nachbarn etwas zu gönnen.
He, aber uns bleiben ja die unteren Ligen. Dort ist mehr Stimmung als im Münchner Stadion, wo außer ein paar Ultras niemand die Konsumentenparty belebt. Wer am Wochenende in Bautzen, Erfurt, Geraberg oder beim Berliner AK unterwegs war, hatte bei Bier und Bratwurst durchaus Spaß. Man kann den Spielern nach dem Abpfiff im Vereinsheim beim Nudelessen zusehen, man trifft sie womöglich in einer normalen Kneipe oder auf der Straße, weil sie noch nicht vom schrecklichen Starrummel in Verbindung mit Geld bis zur Oberlippe zugeschissen worden sind. Es gibt sie, die Spieler zum Anfassen, die Golf statt Ferrari fahren und ihre Pfandflaschen selber wegbringen. Sie sehen aus wie du und ich, schimpfen auf den lahmen DHL-Boten und essen ihr Steak ohne Goldbelag.
Runterkommen, alles etwas kleiner machen, die Gier besiegen, den Fußball wild und unberechenbar halten. Möglicherweise ist es eine veraltete Sicht, aber was kann schöner sein, als 90 Minuten die alten Lieder mit Freunden zu singen, den Schal zu schwenken und von einem Fußball zu träumen, wo Gleiche unter Gleichen unser schönes Spiel bestreiten? Man kann auch ohne die Bundesliga glücklich sein! Oder, wenn es unbedingt sein muss, in einer Kneipe das wunderbare Match Hoffenheim gegen Wolfsburg bewundern. Denn merke: Eine stimmgewaltige Opposition gibt es in deutschen Stadien nicht. Der Protest gegen die scheinbar alternativlose Kommerzialisierung wird von wenigen Menschen getragen, der Mehrheit ist es egal, welch schlimmer Finger die Spieler bezahlt.
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