- Politik
- Raketenabwehrsystem
Einkaufstour für himmlisches Drohpotenzial
Verteidigungsausschuss informiert sich in Israel über Raketenabwehr. USA stationieren Störflugzeuge
»Man nimmt sich die Zeit, die es dafür braucht, um zu klugen Entscheidungen zu kommen. Bis dahin haben wir uns auferlegt, dass wir keine einzelnen Aspekte, die im Augenblick diskutiert werden, öffentlich hier darlegen« – so wehrte am Montag Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Fragen der Journalist*innen zum Raketenabwehrsystem ab, das Bundeskanzler Olaf Scholz in der Talkshow Anne Will quasi angekündigt hat.
Beschafft werden soll das Raketensystem »Arrow 3«, das auch in Israel zum Einsatz kommt. »Wenn Deutschland entscheidet, damit voranzugehen, wird die Kooperation fruchtbar sein«, sagte ein israelischer Militärvertreter am Dienstag. Verteidigungspolitiker des Bundestags sind noch bis Donnerstag in Israel, um sich dort über Systeme der Luftabwehr zu informieren. »Arrow 3« bildet die höchste Stufe von Israels mehrstufiger Raketenabwehr und kann angreifende Waffensysteme bis über 100 Kilometer Höhe im beginnenden Weltraum zerstören. Damit vergrößert sich die am Boden geschützte Fläche und Sprengköpfe werden weit vom Ziel zerstört. Das wäre eine neue Fähigkeit der Bundeswehr. Sie setzt bisher das System Patriot ein, das in Höhen bis 30 Kilometer wirkt. Bei der Abwehr ballistischer Raketen in größerer Höhe gibt es eine sogenannte Fähigkeitslücke.
Ein flächendeckender Schutz durch das »Arrow 3«-System ist aber nicht möglich, sondern kann sich lediglich auf Ballungsregionen beschränken. Das räumte die Grünen-Verteidigungsexpertin Agniezka Brugger ein: »Es gibt aber keine absolute Sicherheit, keine Haube, die uns komplett immun machen kann. Auch die Frage, wie viele Flugkörper in welcher Quantität und Qualität abgeschossen werden, spielt dann eine große Rolle«, so die Bundestagsabgeordnete im Interview mit dem Deutschlandfunk am Dienstag. »Aber es ist ja immer besser, mehr Schutz zu haben, als gar keinen Schutz zu haben«, meint Brugger. Die Kosten werden grob auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Frühestens könnte das System in Deutschland wohl Ende 2025 einsatzfähig sein. Der russische Angriffskrieg hat zu einer Neubewertung bei der Raketenabwehr geführt, aber konkrete Warnungen gibt es nicht.
Die USA haben das Drohpotenzial der Nato am Montag weiter erhöht und die Entsendung von sechs für die Störung von Radarsignalen ausgerüsteten Kampfflugzeugen nach Deutschland angekündigt. Pentagon-Sprecher John Kirby betonte, dass die Flugzeuge vom Typ EA-18G Growler »nicht gegen die russischen Streitkräfte in der Ukraine eingesetzt« werden sollen, sondern nur die »Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten der Nato« stärken. Sie sollen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem in Rheinland-Pfalz stationiert werden. Die Jets sollten noch am Montag zusammen mit 240 Soldaten ankommen. Die Maschinen werden eingesetzt, um feindliches Radar zu stören und Luftabwehrsysteme zu verwirren. Mit Agenturen
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.