Das Dilemma liegt im System

Berlin hat viele Probleme. Flüchtlinge gehören nicht dazu - zeigen aber durch ihre Bedürfnisse Verfehlungen auf

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Alle haben irgendwie recht, und das ist das Problem: In Behörden zählt naturgemäß nicht der einzelne Mensch, er ist eine Verwaltungsnummer. Wenn das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheit rechtskonform seine Fälle abarbeitet, wird nicht nach den individuellen Beweggründen gefragt, die jemanden, der vor dem furchtbaren Krieg in der Ukraine flieht, umtreiben: Wo ist ein guter und sicherer Ort, wo finde ich mich zurecht, wo bin ich nicht zu weit entfernt von Menschen, die ich kenne? Nein, die Berliner Behörden arbeiten nach Schlüsseln und Vorgängen, und je weniger Menschen in der Stadt bleiben - bei allen humanitären Bekenntnissen - desto geringer ist zunächst einmal die Belastung für die Infrastruktur. Es ist ein Dilemma, aber es hat System.

Das Problem von fehlendem Wohnraum, mangelnden Schul- und Kitaplätzen und bisweilen schlechtester medizinischer und pflegerischer Versorgung ist genauso wenig wegzudiskutieren wie die grassierende Obdachlosigkeit, Armut, miese Arbeits- und Ausbeutungsverhältnisse und eine mitunter massiv klaffende soziale Lücke in einzelnen Bezirken. Dass sich dennoch Tausende nicht erst in diesen Wochen bereit zeigen zu helfen, bis an die Grenze des Ausgebranntseins, kann die zuvor beschriebenen Zustände, die auf massiven staatlichen Verfehlungen beruhen, nicht wettmachen. An dem Punkt sehen Sozialpolitiker*innen manchmal klarer als Aktivist*innen.

Man könnte es aber auch andersherum betrachten: der Druck, Verbesserungen für alle Menschen, die sich in Berlin zu Hause fühlen und das auch weiter wollen, voranzubringen, war nie so groß wie jetzt. Nur sind, trotz Mitte-links-Regierung, nicht die politischen Kräfte am Wirken, die dies ohne Rumgeeier tatsächlich durchsetzen würden.

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