- Politik
- Ukraine-Krieg
Charmeur, Propagandist und Kämpfer
Oleksiy Arestovych tritt als Berater des ukrainischen Präsidentenbüros auf
Dem gebürtigen Georgier Oleksiy Arestovych verfallen seit Kriegsbeginn die ukrainischen Frauen. Es dürfte selten sein in der Riege der Politberater, dass diese Fähigkeiten noch zusätzlich eine große Öffentlichkeit finden. Die Internetseite »Global Happenings« widmete dem 46-Jährigen gut drei Wochen nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein Porträt, das den Artikeln einer Teeniezeitschrift gleicht und ihn des Diebstahls tausender Frauenherzen bezichtigt.
Beim Blick in den Lebenslauf offenbart sich die Karriere vom Schauspieler zum Profipropagandisten. Arestovych begann ab dem Jahr 2000 damit, sich professionell mit Psychologie zu befassen, und lernte ab 2003 Schreiben im Kurs »Der Mensch unter den Menschen« eines russischen Psychologen, der »lehrt, ohne Krieg und Blutvergießen zu leben, unsere biologischen Instinkte zu kultivieren und sie in magische Helfer zu verwandeln, um sich dem Ziel zu nähern«. Den Kurs schloss er 2010 ab und studierte weiterhin Theologie. Für Bekanntheit sorgten dann aber auch seine Facebook- und Youtube-Kanäle, die ihn unter die Top 100 der ukrainischen Blogger brachten.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Seine Militärlaufbahn ist nicht eindeutig nachvollzogen. Als gesichert gilt ein Abschluss als Übersetzer an der Militärakademie in Odessa. Bislang nicht belegt ist, dass Arestovych aber auch zwischen 1994 und 2005 als Major der Reserve in der Obersten Geheimdienstdirektion des Verteidigungsministeriums gearbeitet haben soll. Der mutmaßlich Geheimdienstcharmeur rundet sein Portfolio noch durch ein Kämpferimage ab und gibt an, an 33 Schlachten als Freiwilliger teilgenommen zu haben.
Lesen Sie auch »Scheinheiliger Antifaschismus« von Gerhard Hanloser
Sein deutsches Publikum erreichte er in der vergangenen Woche im Interview mit dem ARD-Morgenmagazin. Er rückte gerade, was die Hauptstadtpresse zu deutschen schweren Waffensystemen in den Raum stellte. Während man im Verteidigungsministerium von mehreren Monaten Ausbildungszeit ausgeht, bevor deutsche Panzer in der ukrainischen Armee einsetzbar sind, blickt Arestovych in die Kamera und verspricht, ukrainische Kämpfer benötigten nur wenige Tage, um jedwedes Waffensystem zu beherrschen. Was soll ein Profi-Militär-Kommunikator auch sonst sagen? dal
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!