José Ramos-Horta steht vor Comeback

Osttimors Friedensnobelpreisträger geht als klarer Favorit in die Stichwahl um die Präsidentschaft

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Termin steht: Am 20. Mai, dem 20. Jahrestag der Unabhängigkeit Osttimors von Indonesien wird der neue Präsident in sein Amt eingeführt. Wer es sein wird, entscheidet sich am 19. April zwischen zwei Kandidaten, die beide einst für die Unabhängigkeit gekämpft hatten: Amtsinhaber Francisco Guterres sowie Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta.

Rund um das Referendum 1999 in der Endphase der indonesischen Besatzung und den nationalen Freiheitskampf sowie die Staatsgründung im Mai 2002 war Timor-Leste (Osttimor) öfter in den internationalen Schlagzeilen. Nun lenken die Wahlen wieder die Blicke auf Asiens jüngsten Staat, in dem von 1,3 Millionen Menschen rund 40 Prozent unter der Armutsgrenze leben. Von der nationalen Aufbruchstimmung ist nicht mehr viel übrig. Geblieben sind die einstigen, nun ergrauten Helden des Unabhängigkeitskampfes, allerdings inzwischen oft zerstritten.

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In der ersten Wahlrunde am 19. März erzielte Amtsinhaber Francisco Guterres (Spitzname aus alten Guerillazeiten Lú-Olo) magere 22,1 Prozent bei 15 Mitbewerber*innen. José Ramos-Horta hingegen schrammte mit 46,6 Prozent schon in Runde eins nur knapp an der absoluten Mehrheit vorbei, die ihm die zweite Abstimmung erspart hätte. Er ist nun klarer Favorit.

Es ist eine Folge der Turbulenzen und Verwerfungen in der nationalen Politik, dass der Name des 72-jährigen Friedensnobelpreisträgers von 1996, der 2008 ein Attentat überlebte, erneut auf einem Wahlzettel steht. Ramos-Horta, der sich eigentlich aus dem aktiven Politikbetrieb zurückziehen wollte, tritt noch einmal an. Außenminister und Premier war er in früherer Zeit, 2007 bis 2012 auch Präsident. Guterres (69), der 2017 siegte, konnte in seiner Amtszeit die Bevölkerung nicht wirklich überzeugen, wie das schlechte Abschneiden in Runde eins illustriert. Fast die Hälfte der fünf Jahre lag er vorrangig mit seinen Gegnern im Clinch. Vor allem Xanana Gusmão, erster Staatschef nach der Unabhängigkeit. Er ist heute Anführer der Opposition und Nummer drei der berühmten Namen einstiger Freiheitskämpfer in der ersten Reihe der aktiven Politikerkaste.

Die Fretilin als größte Regierungspartei, die Guterres gern weitere fünf Jahre als Präsident sähe, ist nur noch ein kleiner Rest der einstigen Befreiungsfront gleichen Namens, deren bewaffneter Arm Falintil zu Zeiten der indonesischen Besatzung einen hohen Blutzoll zahlte. Daneben gibt es Abspaltungen und Neugründungen.

Gusmão (75), nach seiner Präsidentschaft von 2007 bis 2015 Premier, steht der größten Oppositionskraft Nationalkongress für den Timoresischen Wiederaufbau (CNRT) vor - sie ist die wichtigste Formation, die Ramos-Horta jetzt bei der Präsidentschaftswahl unterstützt. Sollte er gewinnen, sind baldige Neuwahlen auch für das Parlament wahrscheinlich, bei denen sich die CNRT einen Sieg erhofft. Derzeit bildet die Fretilin mit zwei kleineren Parteien die Regierung.

Der Wahlsieger und neue Präsident steht vor einer schweren Aufgabe. Zwar ist rund die Hälfte der Bevölkerung voll geimpft und die Wirtschaft beginnt sich von den Corona-Folgen zu erholen, doch das Gesamtpanorama bleibt düster. Seit dem zweiten Quartal 2021 steigt die Inflation so stark wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr, was vor allem die Kaufkraft der wenig Begüterten weiter schmälert. Wegen des Kriegs in der Ukraine schnellen viele Nahrungsmittelpreise zusätzlich in die Höhe. Ungelöst blieb bisher das Problem der hohen Jugendarbeitslosigkeit, die mit zwölf Prozent rund dreimal so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote ist. Bisher stammen rund 90 Prozent der Staatseinnahmen aus Öl und Gas. Auch hier müssen angesichts der Tendenz zur globalen Abkehr von fossilen Energien die Weichen bald neu gestellt werden.

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