Mit Glatze, Humor und Mitgefühl

Ex-Hochschulpräsident László Ungvári will Bürgermeister von Wildau werden

  • Andreas Fritsche, Wildau
  • Lesedauer: 4 Min.
László Ungvári und Christine Stüber-Errath bei einem früheren Termin der Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz
László Ungvári und Christine Stüber-Errath bei einem früheren Termin der Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz

»Ich bin katholisch erzogen«, sagt László Ungvári. »Gott ist mein Zeuge, dass es nie meine Ambition war, Bürgermeister zu werden.« Doch nachdem Wildaus Rathauschefin Angela Homuth (SPD), der Bestechlichkeit und schlechter Stil vorgeworfen wurden, bei einem Bürgerentscheid am 3. April abgewählt worden ist, hat sich Ungvári bereit erklärt, als ihr Nachfolger zu kandidieren. Dazu bewegt haben ihn nach eigener Auskunft Briefe und E-Mails von Einwohnern, die ihn darum gebeten haben. In einem Schreiben habe gestanden: »Setzen Sie die Krone auf, retten Sie diese Stadt.«

Eine Krone will Ungvári allerdings nicht haben. »Meine Lebensplanung war eine ganz andere«, gesteht der 66-Jährige. Er wollte seine Pension zwar nicht am Strand genießen, sich aber eigentlich anders betätigen. Nun kandidiert er also doch. Im Rücken hat er dabei die Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz, die er beraten hat, als diese Initiative die Abwahl der umstrittenen Bürgermeisterin ins Werk setzte.

Offizieller Kandidat der Bürgerinitiative könne er aber aus organisatorischen Gründen gar nicht sein, stellt Sprecherin Christine Stüber-Errath klar, die als Eiskunstlauf-Weltmeisterin und DDR-Fernsehmoderatorin bekannt ist. Für sich selbst sagt sie: »Meine Stimme bekommt er auf jeden Fall.«

Die Bürgerinitiative hatte sich seit November, während sie Unterschriften für die Abwahl von Homuth sammelte, bei Einwohnern erkundigt, welche Kompetenzen der künftige Bürgermeister haben sollte und wen sie sich in diesem Amt wünschen würden. Da sei immer wieder der Name von László Ungvári gefallen, erzählt Stüber-Errath.

Der Ungar mit deutschem Pass und viel Humor und auch Selbstironie wird sich mit ziemlicher Sicherheit als Einzelbewerber zur Wahl stellen - soll aber von einem möglichst breiten Bündnis unterstützt werden, das noch zu schmieden ist. »Ich war mein Leben lang in keiner Partei und werde parteilos bleiben«, betont der Bewerber. Andere Kandidaturen sind noch nicht verlautbart.

In Wildau ist Ungvári kein Unbekannter. Von 1999 bis 2017 war er Präsident der hiesigen Technischen Hochschule und ist Ehrenbürger der Stadt. In der Villa am See stellt sich der 66-Jährige am Donnerstag den Fragen von 35 Interessierten. Ihnen versichert er schmunzelnd, dass die Wildauer mit ihm einen glatzköpfigen, mitfühlenden Bürgermeister bekommen würden. »Hier muss eine Strategie her für die nächsten 20 Jahre«, findet Ungvári. Die Bevölkerung möchte er in die Planungen einbinden. Wer sich mit einem Anliegen ans Rathaus wendet, soll innerhalb von zwei Wochen wenigstens eine Antwort bekommen, auch wenn noch keine Lösung für das angesprochene Problem parat ist. Schwierigkeiten aussitzen, wie es die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) getan habe, das werde es mit ihm nicht geben.

»Es gibt sehr viele Baustellen«, ist Ungvári bewusst. »Die größte Herausforderung ist, die Spaltung in dieser Stadt zu überwinden.« Als Bürgermeister möchte der 66-Jährige für alle Einwohner da sein, auch für jene, die in den zurückliegenden Monaten zur abgewählten Rathauschefin Angela Homuth gehalten haben. Anders, als Brücken über die entstandenen Gräben zu bauen, wird es auch nicht gehen. Erst in zwei Jahren steht in Brandenburg wieder eine Kommunalwahl an. Mindestens bis dahin gibt es in Wildau noch ein Stadtparlament, das mehrheitlich mit Kommunalpolitikern beispielsweise von CDU und SPD besetzt ist, die bisher zum Lager von Homuth zählten.

Mit dem übergangsweise amtierenden Rathauschef, Homuths ehemaligem Stellvertreter Marc Anders (parteilos), werde er noch am Donnerstag ein Gespräch über wichtige Angelegenheiten führen, verrät Ungvári mittags in der Villa am See.

Der Professor ist im ungarischen Cegléd geboren, hat in seiner Heimat Abitur gemacht und in Leningrad studiert: Abschluss mit Auszeichnung als Diplom-Wirtschaftsingenieur. Seine Doktorarbeit schieb er an der Ostberliner Hochschule für Ökonomie. Sein Thema war dabei die Wirkung des Zufalls in der Wirtschaft der DDR.

Als Ungvári 2017 an der Technischen Hochschule Wildau aufhörte, ging er als Präsident und Direktor an die deutsch-kasachische Universität in Almaty. Er habe Wildau damals »schweren Herzens« verlassen und die Stadt in »guter Erinnerung behalten«, erklärt der Professor. Als er 2020 in die Kommune zurückkehrte, habe er erwartet, sie in ähnlicher oder besserer Lage vorzufinden. Leider liege jedoch einiges im Argen.

Ob die Linkspartei, die sich gemeinsam mit der Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz für die Abwahl von Homuth starkmachte, nun die Bewerbung von Ungvári unterstützt oder vielleicht einen eigenen Kandidaten aufstellt, ist noch offen. Es solle am 26. April eine Mitgliederversammlung geben, bei der darüber gesprochen wird, informiert Linksfraktionschef Heinz Hillebrand. Bei der Bürgermeisterwahl 2019 hatte Angela Homuth (SPD) das Stechen gegen Matthias Mnich (Linke) gewonnen.

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