- Brandenburg
- Kommunalpolitik
Vom Landtag ins Rathaus
Brandenburgs Linksfraktionschef Thomas Domres möchte Bürgermeister von Perleberg werden
Nach 23 Jahren im Brandenburger Landtag, davon 20 Jahre als Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, möchte Thomas Domres im September bei der Bürgermeisterwahl in seiner Heimatstadt Perleberg antreten. Perleberg ist die Kreisstadt der Prignitz, und hier gab es schon zweimal parteilose Rathauschefs, die von den Sozialisten aufgestellt wurden: zunächst Manfred Herzberg von 2004 bis 2007, der gestorben ist, und anschließend bis 2015 Fred Fischer, der nach Stasi-Vorwürfen abgewählt wurde.
Zuletzt war Annett Jura (SPD) Bürgermeisterin, doch sie wechselt auf einen Posten als Abteilungsleiterin im Bundesbauministerium. Am 1. April ist Jura als Bürgermeisterin verabschiedet worden.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
»Nach vielen Gesprächen, Zuspruch von verschiedenen Seiten sowie nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden, als Bürgermeisterkandidat anzutreten«, erklärt Domres. »Es ist keine Flucht vor irgendetwas«, versichert er mit Blick auf seine Funktion im Landtag. »Zuhören, miteinander reden, gemeinsam anpacken«: Das soll sein Leitspruch sein. »Perleberg hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, und dennoch können wir wirklich mehr«, sagt Domres. »Die Kommunikation muss sich verbessern, das kostet kein Geld, das muss man einfach machen«, sagt der Politiker am Montag zu »nd«.
Bis jetzt hat außer ihm selbst nur eine Einzelbewerberin Interesse am Bürgermeisteramt angemeldet. Die Frau ist kommunalpolitisch ein unbeschriebenes Blatt. Domres rechnet aber damit, dass es noch andere Bewerber geben wird. In der SPD und in der CDU werde darüber gesprochen.
Dass Perleberg eine Hochburg der Linkspartei sei, kann man nicht sagen. Mit nur 9,9 Prozent der Zweitstimmen bei der Bundestagswahl 2021 blieben die Sozialisten in der Stadt einstellig und nur 1,9 Prozent über ihrem brandenburgweiten Ergebnis. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte die Partei in Perleberg noch 17,4 Prozent erhalten. Der Trend, von dem sich niemand völlig abkoppeln kann, spricht also gegen Thomas Domres.
Doch eine Bürgermeisterwahl sei eine Personenwahl, weiß er. »Da spielt die Partei nicht so eine große Rolle.« Für den Fall seiner Wahl zum Bürgermeister bietet Domres schon jetzt allen Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung eine »faire und kollegiale Zusammenarbeit auf Augenhöhe an«.
Der gelernte Altenpfleger ist selbst bereits seit 1993 Stadtverordneter in Perleberg. »Ich bin von Herzen Kommunalpolitiker«, erklärt der 51-Jährige, der nicht nur dem Stadtparlament, sondern auch dem Kreistag angehört.
In den Landtag würde Carsten Preuß nachrücken. Er war bereits einmal ins Parlament nachgerückt - 2018, als der Landtagsabgeordnete René Wilke (Linke) Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) wurde.
Perleberg zählt rund 12 000 Einwohner und zeichnet sich durch seine historische Altstadt aus. Obwohl Kreisstadt, wirkt die Kommune etwas verschlafen, besonders im Vergleich mit dem mehr als 17 500 Einwohner zählenden Wittenberge, das von seiner Lage an der Elbe und an der Bahnstrecke Berlin-Hamburg profitiert. Wittenberge als größte Stadt in der Prignitz erlebte nach der Wende mit der Schießung seines Nähmaschinenwerks und anderer Industriebetriebe einen Schock, von dem es sich nun aber langsam erholt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.