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Divock Origi und die magische Nacht von Anfield

Zirkus Europa: Vorm Halbfinale der Champions League erinnern sich die Liverpooler gern an den irren Halbfinalsieg über Barcelona 2019

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Divock Origi ist gerade auf Abschiedstournee. Acht Jahre sind eine lange Zeit und irgendwann ist auch mal gut. Im Sommer wird der Belgier den FC Liverpool verlassen, nach Mailand, Istanbul oder Newcastle, die Transferexperten sind sich da noch nicht ganz einig. Am Sonntag ist er beim Liverpool-Derby gegen den FC Everton spät eingewechselt worden und hat noch später das Tor zum finalen 2:0 erzielt. Der 27-Jährige ist in diesen Tagen immer mal wieder Gesprächsthema rund um die Anfield Road. Am Mittwoch gastiert der FC Villarreal zum Halbfinal-Hinspiel der Champions League in Liverpool. Mal wieder eine spanische Mannschaft in der Runde der letzten Vier, wie an jenem Abend im Frühjahr 2019, der bis heute untrennbar mit Divock Origi verbunden ist.

Es ging damals im Rückspiel gegen den FC Barcelona, und eine spannungsgeladene Veranstaltung stand eher nicht zu erwarten. Erstens hatte Barça das Hinspiel 3:0 gewonnen und zweitens fehlten auf Liverpooler Seite die beiden besten Offensivspieler, der Brasilianer Roberto Firmino und der Ägypter Mohamed Salah. Noch zwei Tage vor dem englisch-spanischen Gipfeltreffen im europäischen Fußballzirkus hatten die Reds im Alltag des heimischen Ligabetriebs hart arbeiten müssen, um in Newcastle die theoretische Chance auf den Gewinn der Premier League zu wahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Barcelona längst die Spanische Meisterschaft gewonnen und schickte zur lästigen Punktspielverpflichtung in Vigo elf Ersatzspieler auf den Platz.

Zirkus Europa

Früher schlicht Pokal der Landesmeister genannt, ist die Champions League heute inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Ein Blick auf den kommenden Spieltag.

Der moderne Fußball des dritten Jahrtausends war mal wieder in den Verruf der Berechenbarkeit geraten. In den Verdacht, dass auch auf höchstem Niveau die Ergebnisse schon im Laptop entworfen und fixiert sind. Der FC Liverpool aber stellte sich an jenem Abend dagegen, mit Tugenden, wie sie der Fußball einmal für sich reklamiert hatte, die aber zuletzt als antiquiert galten. Mit unbedingter Leidenschaft und Siegesgewissheit drehte diese Mannschaft ein Halbfinale, das eigentlich nicht zu mehr zu drehen war.

Jürgen Klopp hatte das Wunder von Anfield mit einem typischen Jürgen-Klopp-Satz anmoderiert: »Solange wir noch elf Spieler zusammenbekommen, werden wir alles versuchen!« Es kam Liverpools deutschem Trainer zupass, dass einer dieser elf Spieler Divock Origi war. Einer, der in der spektakulären Offensive im Schatten von Salah, Firmino oder Sadio Mané für gewöhnlich eine untergeordnete Rolle spielte. Gegen Barcelona aber machte er das Spiel seines Lebens. Schon nach ein paar Minuten blies er mit dem frühen 1:0 zum Sturmlauf, den der eingewechselte Georginio Wijnaldum mit zwei Toren in der zweiten Halbzeit auf perfekte Weise fortsetzte.

Liverpool hatte gleichgezogen. Aber das Beste sollte noch kommen. In Gestalt einer Ecke, die Liverpools Außenverteidiger Trent Alexander-Arnold ausführte, obwohl er dafür gar nicht vorgesehen war und den Ball nur für seinen Kollegen Xherdan Shaqiri drapieren wollte. Weil das aber schon der Balljunge erledigt hatte, trat Alexander-Arnold scheinbar den Rückzug an – und nahm doch aus dem Augenwinkel wahr, wie ungeordnet der FC Barcelona seinen Strafraum verwaltete. Also drehte er sich blitzschnell, nahm zwei Schritte Anlauf und zirkelte den Ball vor das Tor, wo ihn Origi mit dem rechten Fuß am verblüfften Marc-André Ter Stegen vorbei ins Netz kickte. Was für eine Eingebung, was für ein Tor, was für ein Höhepunkt eines unglaublichen Spiels!

Drei Wochen später gewann Liverpool das Endspiel von Madrid 2:0 gegen Tottenham Hotspur, und das finale Tor schoss, na klar, Divock Origi.

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