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  • Ukraine-Flüchtlinge in Berlin

Mindestens 58 000 Neu-Berliner aus der Ukraine

Die meisten der Kriegsgeflüchteten, die in der Hauptstadt untergekommen sind, wollen bleiben

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

Es habe eine neue Phase begonnen, sagt Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Dienstagnachmittag bei der Senatspressekonferenz.

Kipping erklärt zur Situation der Geflüchteten aus der Ukraine, die seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar aus ihrer Heimat geflohen und in Berlin an- und untergekommen sind: »Es geht nach ihrer akuten Versorgung nun um das Ankommen in der neuen Heimat.« Denn der Großteil der Menschen - Kipping spricht von 90 Prozent -, die zunächst noch bekundet hätten, möglichst schnell in die Ukraine zurückkehren zu wollen, gehe angesichts der zerbombten Städte und Infrastruktur mittlerweile eher davon aus, auf lange Sicht in Deutschland und Berlin bleiben zu wollen.

Ukrainische Flüchtlinge in Berlin

50 000 Fiktionsbescheinigungen sind laut Sozialverwaltung bisher in Berlin ausgestellt worden. Damit erhalten die Menschen Zugang zu Sozialleistungen und dem Arbeitsmarkt in Berlin.

Über das Landesamt für Einwanderung sind weitere 8400 Menschen registriert worden, damit ergibt sich laut der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales eine Gesamtzahl von aktuell über 58 000 Neuberliner*innen, von denen allerdings nicht alle eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten werden.

Bisher wurden 11 100 dauerhafte Aufenthaltstitel (Stand Dienstag) durch das Landesamt für Einwanderung erteilt.

Von den Personen, die über das Ankunftszentrum Tegel ankommen, werden demnach 35 Prozent nach Berlin verteilt. Nach wie vor kommen laut Lagebericht der Sozialverwaltung weiterhin täglich 1500 bis 2000 Personen in Berlin an.

Einen für Dienstag angekündigten Bericht zu den neuesten Daten und weiteren Planungen zur Registrierung von Flüchtlingen am Ankunftszentrum Tegel sowie einen von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) angekündigten Überblick über ukrainische Kinder und Jugendliche an Berliner Schulen werde es erst mit der kommenden Senatssitzung am 3. Mai geben, erklärte Sozialsenatorin Katja Kipping. clk

Insgesamt seien bisher um die 50 000 sogenannte Fiktionsbescheinigungen für Menschen, die sich in Berlin haben registrieren lassen, ausgestellt worden. Diese gewährleisteten den Geflüchteten Zugang zu Sozialleistungen und Arbeitsmarkt. Auch Geflüchtete, die nicht in einer offiziellen Unterkunft untergebracht sind, haben Anspruch auf Nothilfe über die Sozialämter der Bezirke. Wer registriert sei, bekomme Unterkunftskosten - auch private im Fall von Untermiete - über das Sozialgesetzbuch II erstattet.

Die Registrierung sei auch insbesondere deshalb wichtig, um vor ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen geschützt zu sein. Kipping verwies in diesem Zusammenhang auf den Workers Memorial Day an diesem Dienstag und auf die Kontrollen der Einhaltung des Arbeitsschutzes, die das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (Lagetsi) verstärkt durchführe.

»Wer meint, er könne bestehende Arbeitsschutzregeln mit den Füßen treten, muss damit rechnen, dass man ihm auf die Schliche kommt und Konsequenzen befürchten«, so Kipping. Man habe »das Ohr in der Zivilgesellschaft« und werde auch mithilfe von Gewerkschaften und anderen Organisationen dafür sorgen, dass Flüchtlinge nicht in unsichere Arbeitsverhältnisse gedrängt würden.

Es sei davon auszugehen, dass 35 Prozent der Geflüchteten, also jede dritte Person, bisher in der Hauptstadt untergekommen sei, so Kipping weiter. »Bei sehr vielen handelt es sich um Menschen mit akutem Pflegebedarf, die nicht reisefähig sind«, berichtet die Sozialsenatorin unter Berufung auf Erhebungen des Deutschen Roten Kreuzes Berlin und anderen Sozialdiensten, die am Ankunftszentrum am ehemaligen Flughafen Tegel den Zustand der Menschen in Augenschein nehmen. Man sorge unter allen Umständen dafür, dass diejenigen, die nicht reisefähig seien, mit ihren Angehörigen zusammenbleiben können. Sie würden auch in Tegel zunächst in geschützten Räumen untergebracht. »Wir übernehmen bei vielen Pflegebedürftigen besondere Kosten, die sind nicht mit einer Pauschale abzudecken.«

Man werbe dennoch weiterhin dafür, auch die Unterbringungskapazitäten anderer Bundesländer in Anspruch zu nehmen. »In der Berliner Zivilgesellschaft gibt es ganz viele, die sich kümmern und denken, hier sind die Menschen besonders gut betreut«, wiederholte Kipping im Zusammenhang mit der Debatte um die Umverteilung von Gruppen von Geflüchteten, für die Hilfsorganisationen und Engagierte einen Verbleib in Berlin gefordert hatten (»nd« berichtete).

Zudem habe es in diesem Monat 740 klassische Asylbegehren gegeben. »Für die Ukraine-Flüchtlinge sind Türen aufgegangen, die sollen sich nicht für andere schließen«, betonte Kipping.

Die Kapazitäten könnten in Berlin »nicht auf Knopfdruck erhöht werden«, ergänzte sie. Schrittweise werde man diese aber sehr wohl ausbauen. Trotz der Kriterien für Unterbringung, die man ausgearbeitet habe, übernehme man aus einer sozialen Verantwortung heraus nach wie vor eine deutliche Überquotierung. Im Zweifelsfall entscheide ein Arzt entlang der Feststellung von akutem medizinischen Bedarf oder bei der Frage der Reisefähigkeit.

Die Sozialsenatorin berichtete weiterhin, dass das Land auch bei Hilfsgütern mittlerweile stärker einspringen müsse, weil die Spendenbereitschaft enorm zurückgegangen sei. »Nur weil die Bilder nicht mehr so brisant sind, gibt es eine Vielzahl von ehrenamtlichen Helfer*innen und Organisationen, die auf Spenden für ihre Arbeit angewiesen sind«, wandte sich Kipping an die Berliner*innen.

Ein Amtshilfeverfahren bei der Bundeswehr zur weiteren Unterstützung bei der Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten laufe derzeit noch, erklärte die Senatorin auf Nachfrage.

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