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  • Volleyball: Berlin Volleys

Nichts ist schöner als die Realität

Berlins Volleyballer Georg Klein durfte seine Karriere doch noch mit einer großen Meisterparty beenden

Georg Klein war nicht der Kapitän und erhielt doch die Ehre, die zwölfte Berliner Meisterschale als erster den 8553 Heimfans zu präsentieren.
Georg Klein war nicht der Kapitän und erhielt doch die Ehre, die zwölfte Berliner Meisterschale als erster den 8553 Heimfans zu präsentieren.

Als Teamkollegen, Trainer und Betreuer am Samstagabend wie Verrückte übers Feld der Max-Schmeling-Halle rennen und sich in die Arme fallen, bleibt Georg Klein wie erstarrt stehen und schlägt die Hände über seinem Kopf zusammen. Sonst trägt er Emotionen gern nach außen, brüllt Mitspieler oder Publikum an, um sie anzustacheln. Doch in diesem Moment des letzten Sieges kann Klein einfach nicht begreifen, welches unverhoffte Glück ihm soeben widerfahren ist: doch noch mal deutscher Volleyballmeister mit den Berlin Volleys, zwei Jahre nachdem er seine Karriere schon beendet hatte. »Einen besseren Abschied gibt es nicht. Wir hatten ein ausverkauftes Haus. Ich war auch nicht ganz so Scheiße – es ist ein absolut geiles Ende für mich«, sagt Klein wenig später, die Knie immer noch weich vor Ermüdung und zu viel Adrenalin im Blut.

Ende 2019 entschied der heute 30-Jährige, aufzuhören und endlich sein Studium zum Polizeikommissar richtig anzugehen. Er will sich mit seinem dritten Meistertitel verabschieden, doch im ersten Corona-Lockdown wird die Spielzeit abgebrochen, kurz vor Beginn der Playoffs. Keine Medaille, keine Standing Ovations für den Liebling der Berliner Fans. Die Medienabteilung der BR Volleys organisiert noch ein fiktives Abschiedsspiel, das per Podcast »live« kommentiert wird, samt vorher aufgenommener Audioschnipsel vieler alter Weggefährten. Klein hört es sich zu Hause an und verdrückt ein paar Tränen.

Anderthalb Jahre später fällt dann bei den Volleys einer von nur drei Mittelblockern aus. Manager Kaweh Niroomand findet keinen Ersatz – und fragt Klein, ob er wenigstens im Training etwas aushelfen kann. »Da habe ich klar nein gesagt«, erinnert sich der Student. »Aber dann habe ich rumgegrübelt und mit Leuten bei der Polizei gesprochen. Wir haben im Dienstplan einiges verschoben, und ich habe Kaweh gesagt: Wenn ihr wirklich keinen besseren findet, dann mach ich das noch mal.«

Die Personalmisere der Volleys bessert sich auch danach nicht, und Klein steigt sporadisch wieder ins Ligageschehen ein. In der ersten Finalpartie gegen den VfB Friedrichshafen verletzt sich der nächste Kollege und der Semiprofi muss sogar auf der ganz großen Bühne ran. »Kein Autor hätte das Drehbuch besser schreiben können«, meint Manager Niroomand. »Das war die beste Finalserie der letzten Jahre. Beide Mannschaften auf Augenhöhe, und den Ausschlag gibt unser breiterer Kader, auf den wir bei der Zusammenstellung vor der Saison immer achten.« Dabei stand Klein damals gar nicht im Kader.

Der Retter in der Not weiß selbst, dass er kein Ausnahmevolleyballer ist. Er springt nicht besonders hoch, schlägt nicht besonders hart, macht nicht viele Punkte. Aber Klein ist solide – und er kann seine Kollegen inspirieren. Und genau das brauchten die Berliner. »Georg hat uns enorm geholfen. Er ist ein Kämpfer, bei dem die sportliche Leistung und die geistige Einstellung auf den Punkt zusammenkommen«, lobt ihn der Manager.

Diese Qualitäten kennt natürlich auch Berlins Trainer Cedric Enard, als er sich nach den ersten beiden verlorenen Finalduellen entscheidet, vor Spiel drei in der Kabine ausgerechnet Klein die letzten Worte an die Mannschaft zu richten. »Er war der perfekte Mann für uns. Am Anfang noch gar nicht dabei, und dann gibt er 100 Prozent seines Körpers, seiner Einstellung, seines Kampfgeists für uns, obwohl er nebenbei noch arbeiten muss. Er hat so viel geopfert«, berichtet Enard. »Als wir das Spiel gewannen, hab ich ihn auch vor den letzten beiden Spielen reden lassen. Georg ist zu meiner Glücksroutine geworden.« Tatsächlich drehten die Berliner durch den 3:1-Erfolg vom Samstag als erstes Team eine Finalserie in der Bundesliga nach einem 0:2-Rückstand noch zum 3:2. »Es wurde unsere Mission im Team, für Georg Klein Meister zu werden«, sagt Enard, der sich im Jubelgewirr zuvor bewusst seinen Mittelblocker als ersten für ein paar Worte schnappte und sagte: »Jetzt kannst du in die Volleyballrente gehen. Du hast es dir verdient.«

Folgerichtig überlässt auch Kapitän Sergei Grankin Klein die Ehre, die Meisterschale bei der Siegerehrung vor 8553 feiernden Fans als erster in die Höhe zu stemmen. »Eine Riesengeste von Sergei. Das rechne ich ihm sehr hoch an«, ist Klein auch Minuten später noch tief ergriffen. Schon wieder – wie beim ersten Karriereende. »Was die Jungs damals für mich gemacht haben, hat mich auch tierisch zum Heulen gebracht. Aber so eine Kulisse wie heute kann man einfach nicht ersetzen.« Letztlich ist wohl doch nichts schöner als die Realität.

Und? Kann er denn nach so einem Glücksmoment wirklich Schluss machen, wird Klein noch mal gefragt. »Aber so was von!«, sagt er und verabschiedet sich in eine Partynacht, »in der keiner von uns früh ins Bett geht«.

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