Keine Einende

Die proteinreiche Attacke auf Berlins Regierende Bürgermeisterin reiht sich ein in die Tradition des deutschen Ei-Wurfs

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ist von einer (noch) unbekannten Person in die erste politische Reihe geworfen, also beworfen worden. Mit einem Ei, am 1. Mai – bei der DGB-Kundgebung des am Brandenburger Tor. Immerhin konnte ein Sicherheitsbeamter mit einem Schirm verhindern, dass die noch nicht mal ein halbes Jahr amtierende Bürgermeisterin tatsächlich getroffen worden ist.

Schnell machten Wortspiele wie »Giff-Ei« die Runde. So eine Attacke hat sie weder als ehemalige Neuköllner Bezirksbürgermeisterin noch als Bundesfamilienministerin erlebt. Die Aberkennung ihres Doktortitels war der bisher größte politische Sturm in ihrer Karriere.

Nun reiht sie sich ein in die Riege der vergleichsweise wenigen deutschen Spitzenpolitiker, die Opfer des tierischen Wurfgeschosses wurden. Unvergessen bleibt der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), der sich 1991 in Halle an der Saale mit besudeltem Anzug persönlich den Attackierer griff. Erst kürzlich widmete der Satiriker Jan Böhmermann dem Ereignis ein Musical.

2001 wurde der damalige bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) auf dem Berliner Alexanderplatz mit Eiern beworfen. Dass der Berliner CDU-Bürgermeisterkandidat Frank Steffel hinter ihm Schutz suchte, war das endgültige Aus für seine Ambitionen. Einen Monat später, im August, traf Steffel dann doch noch ein Ei. In Weißensee, nach der Kür einer Blumenkönigin.

Franziska Giffeys Auftritt beim DGB wurde abgebrochen. Schon zuvor störten permanente Buhrufe ihre Rede. Vor allem ihre negative Haltung zur Sozialisierung von Wohnungskonzernen wurde ihr angekreidet. Insgesamt kommt die Politikerin bei Gewerkschaftern ob ihrer Wirtschaftsfreundlichkeit schlecht an. Dabei kann sie mit dem Abspulen ihres menschelnden Programms auch in feindlicher Umgebung oft das Eis brechen. Doch Berlin zu einen wird ihr nicht gelingen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.