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Hochmut kommt vor dem Schwall
Es ist gruselig, mit wie viel Arroganz und Vernichtungswillen manche Medien-Promis in der Ukraine-Frage argumentieren, meint Christoph Ruf.
Dieser Tage gibt es ja viele Menschen, die erstmals in ihrem Leben merken, dass man sich auch um andere Dinge sorgen kann als um das unmittelbare persönliche Umfeld oder die jüngste Heimniederlage des Lieblingsvereins. Die Bilder aus der Ukraine sind jeden Tag real; je mehr man das Ganze an sich heranlässt, desto nachdenklicher werden manche.
Die Frage, ob man die Ukraine mit schweren Waffen versorgen sollte, ist vielleicht nicht zuletzt eine der Perspektive. Wenn die Leitschnur die ist, die Überfallenen gegen den Aggressor zu verteidigen, dann fällt die Antwort anders aus, als wenn die oberste Sorge der Frage gilt, was zu tun wäre, um eine globale Eskalation zu vermeiden. Dass die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einem dritten Weltkrieg führen könnte, kann einen nicht beruhigen. Schon gar nicht, wenn man mitkriegt, wie nonchalant auch Regierungsmenschen plötzlich über die Möglichkeit eines Nuklearkrieges sprechen.
Bestens gelaunte Selbstergötzung ist auch bei vielen TV-Menschen zu beobachten, für die die Welt gerade immer noch so einfach ist, wie sie im eigenen quadratisch-praktischen Weltbild immer schon war. Hier diejenigen, die auf der richtigen Seite stehen. Dort die Idioten, die nichts kapieren und in die nächstbeste Schublade gesteckt werden, wenn sie sich erdreisten, den Kanzler zu abgewogenem Handeln aufzufordern, anstatt den Zu-den-Waffen-Jubelfanfaren nachzugeben. »Wenn Putin Deutschland mit Atomraketen angreift, wird sich der intellektuelle Schaden jedenfalls in Grenzen halten«, twitterte danach Jan Böhmermann und erklärte somit beispielsweise Lars Eidinger, Alice Schwarzer, Juli Zeh, Edgar Selge, Ranga Yogeshwar und Gerhard Polt wegen ihres offenen Briefes kurzerhand für so dumm, dass ihre Auslöschung kein intellektueller Schaden wäre. Das war schon eine ziemlich anmaßende Replik.
Und eine verräterische dazu: Dass in der Politik die entscheidende Kategorie die Unterscheidung zwischen Freund und Feind sei, hat einmal Carl Schmitt begründet. Der Staatsrechtler war einer der wichtigsten Vordenker der Neuen Rechten und dürfte bei Menschen wie Alexander Gauland, Alice Weidel oder Marine Le Pen hoch im Kurs stehen.
Das eigentlich Unsympathische an den Böhmermännern und ihren Twitter-Claqueuren – das ist mir tatsächlich erst in den letzten Tagen klar geworden – ist die penetrant-gockelige Gewissheit, dass die Welt ganz einfach zu erklären ist, dass es unnötig ist, über eine Frage mal länger als bis zum nächsten Piepsen des Handys nachzudenken. Weshalb für sie der einzig richtige Weg immer der ist, auf dem sie selber stehen. Und sei es nur, weil sie sich seit Jahren nicht mehr vorwärtsbewegt haben. Musste man sich im Mittelalter noch entscheiden, ob man am Fürstenhofe Hofnarr oder Henker sein will, so geht heute beides in Personalunion.
Betrachtet man das so, dann verschwindet plötzlich das Stirnrunzeln, wenn man liest, dass Robert Habeck ein europaweites Öl-Embargo vorbereitet und dabei selbst ausführt, dass es der heimischen Wirtschaft zwar schaden, dafür aber auch Putin nicht schwächen werde, weil er durch die Verknappung wesentlich höhere Preise aufrufen könne. Oder wenn Frau Strack-Zimmermann im Interview mit der »Süddeutschen Zeitung« sagt: »Wir sollten uns das Narrativ des dritten Weltkrieges oder eines Atomkriegs nicht zu eigen machen. Natürlich ist die Lage extrem ernst. Wir wissen, dass Putin in keiner Form berechenbar ist.«
Mit anderen Worten: Putin ist komplett unberechenbar, und die Voll-Eskalation des Konflikts droht tatsächlich. Ansonsten sollten wir uns aber keine Sorgen machen. Auch das ist, richtig interpretiert, völlig logisch. Und wenn die Luft in Europa dann halt doch etwas mehr strahlt als gewöhnlich, lag’s nicht an der Atombombe. Sondern eben an dem albernen Narrativ des ollen Putin.
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