Wien im Zeichen des Ukraine-Kriegs

In der österreichischen Hauptstadt treffen Teilorganisationen der Vereinten Nationen zusammen

  • Ramon Schack
  • Lesedauer: 4 Min.

Die österreichische Hauptstadt Wien ist am Donnerstag und Freitag Schauplatz eines Treffens aller Teilorganisationen der Vereinten Nationen. »Die Weltgemeinschaft ist zu Gast in Wien, und darüber freuen wir uns«, sagte Außenminister Alexander Schallenberg auf der Pressekonferenz, welche er mit Bundeskanzler Karl Nehammer und UN-Generalsekretär António Guterres gab. Schallenberg würdigte Wien als »den östlichsten Sitz der Vereinten Nationen«, darin sehe er anlässlich des aktuellen Krieges ein »starkes Signal«. Man dürfe jedoch nicht in eine »europäische Nabelschau verfallen«, sondern müsse auch »die Auswirkungen des Krieges in anderen Teilen der Welt sehen«.

Im Rahmen der Konsultationen verwiesen die Teilnehmer auch auf die verheerenden Folgen für die Ernährungssicherheit in zahlreichen Ländern, vor allem aber in Afrika. António Guterres, der schon am Mittwoch in Wien eingetroffen war, wies darauf hin, dass sich die Vereinten Nationen in der Ukraine zur Stunde auf die Evakuierung von Zivilistinnen und Zivilisten sowie die Einrichtung humanitärer Korridore konzentrieren. Die Chance auf erfolgreiche Friedensverhandlungen schätzte Guterres zur Stunde als gering ein, betonte aber, dieser Krieg werde »nicht ewig dauern«. Wenn der Moment für Friedensverhandlungen komme, dann müsse man ihn nützen – und sein Büro werde dafür bereitstehen: »Wir dürfen nie die Hoffnung verlieren und müssen alles tun, um diesen sinnlosen Krieg zu beenden.« In Zeiten der Krise und des Krieges steht natürlich der Sicherheitsrat der UN im Brennpunkt des Interesses.

Die völkerrechtlich bindenden Resolutionen des UN-Sicherheitsrates sind ein mächtiges Instrument in der internationalen Politik, welches auch den Einsatz militärischer Gewalt legitimieren kann. Kritiker weisen allerdings schon seit geraumer Zeit darauf hin, dass der Sicherheitsrat häufig »zahnlos« agiert, vor allem aufgrund der Tatsache, dass seine fünf ständigen Mitglieder – die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – jegliche Beschlüsse mit ihrem Vetorecht blockieren können. Die genannten fünf Staaten konzentrieren damit eine Machtfülle, die wesentlich stärker ist als jene der zehn nichtständigen Mitglieder, welche auf zwei Jahre gewählt werden, ohne über ein Vetorecht zu verfügen. Davon einmal abgesehen, dass die fünf ständigen Mitglieder nur noch sehr bedingt die demographischen und sozioökonomischen Realitäten der heutigen Welt reflektieren. Was die völkerrechtswidrige Relevanz der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates angeht, so sind die natürlich zwangsläufig höchst umstritten.

Der Genfer Völkerrechtsprofessor Marco Sassòli untersuchte Rechtsbrüche in der Ukraine in den ersten Kriegswochen. Sassòlis Fazit lautet, dass manches nicht so eindeutig ist, wie es im Westen dargestellt wird. In einem Interview mit der schweizer Publikation »Republik« äußerte der Völkerrechtler: »Die westlichen Staaten haben sich jetzt auf Russland fixiert – und waren weit weniger kritisch gegenüber Verletzungen des humanitären Völkerrechts an anderen Orten.« Das hängt wiederum damit zusammen, dass in der Ukraine eine Kombination von Dingen vorliegt, die rechtlich getrennt werden müssen: das Gewaltverbot und das humanitäre Völkerrecht. Sassòli wurde unmittelbar nach Kriegsbeginn in der Ukraine Mitglied eines dreiköpfigen Gremiums der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), um Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte vor Ort zu untersuchen. Der 108-seitige Bericht umfasst den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 1. April 2022 und liegt vor. Der Sicherheitsrat der UN hat diesen Bericht zur Kenntnis genommen.

Mit Interesse wurde in diesem Zusammenhang registriert, dass der Sicherheitsrat sich erstmals in dem Konflikt auf eine gemeinsame Stellungnahme einigen konnte. In dieser Stellungnahme heißt es, der Sicherheitsrat zeigte sich »besorgt« über die Lage in der Ukraine, begrüße die Vermittlungsbemühungen von UN-Generalsekretär António Guterres und erinnerte daran, dass sich alle Mitgliedsstaaten verpflichtet haben, Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen.

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