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Mutter Naturschutz
Eltern blockieren den Eingang einer Bankfiliale, um gegen Investitionen der Deutschen Bank in fossile Energien zu protestieren
Mit der einen Hand schmiert sich Sofia Rodriguez Sonnencreme ins Gesicht, die andere Hand klebt mit Sekundenkleber an einer Glastür fest. Seit einer guten Stunde blockieren sie und vier andere Frauen schon die Eingänge des sogenannten »Quartier Zukunft«, Ausstellungsraum und Filiale der Deutschen Bank, in der Friedrichstraße. Mittlerweile knallt die Sonne auf den Asphalt – es ist zu warm für diesen Tag im Mai, passend zum Anliegen der jungen Mütter. Sie wollen auf die Dringlichkeit der Klimakrise aufmerksam machen und fordern den Investitionsstopp in fossile Energien.
Von 10 Uhr bis 13 Uhr versperren die fünf Aktivistinnen am Donnerstagvormittag die Eingänge der selbsternannten »grünen Bankfiliale«, bis sie von der Polizei entfernt werden. Konkreter Anlass ist die Online-Hauptversammlung der Deutschen Bank am Donnerstag. Das Datum hat auch andere Klima-Gruppen auf den Plan gerufen. In Frankfurt stellte das Koala Kollektiv, eine 2020 gegründete Klimagerechtigkeitsgruppe, Waschmaschinen vor das Unternehmensgebäude, um gegen Greenwashing zu protestieren. Luisa Neubauer nahm zusammen mit anderen Aktivist*innen an der Sitzung teil und forderte die Aktionär*innen zum Ausstieg aus fossilen Finanzen auf. Die Deutsche Bank gilt als größter deutscher Öl- und Gasinvestor und vergibt unter anderem Kredite an Shell, Total und RWE.
Die Berliner Klimakämpfer*innen haben stellvertretend für den gesamten Konzern den Showroom in Berlin-Mitte für ihre Aktion ausgewählt: Dort präsentiert die Bank zwischen Urwaldfotos und Topfpflanzen ihre Nachhaltigkeitsprojekte und berät zu »grünem Banking«. Einen »Palast des Greenwashing« nennt Marit Schatzmann deshalb den Laden, den sie mitblockiert. »Zu dem jetzigen Zeitpunkt der Klimakrise ist das nicht mehr vertretbar«, sagt sie zu »nd« und meint die Geschäfte der Deutschen Bank. »Es ist zwar legal, was die machen, aber dann müssen wir eben Regeln übertreten.«
Die kleine Gruppe hat sich am Donnerstag erstmals zum zivilen Ungehorsam verabredet. Sie stammt aus dem Umfeld der Parents for Future, einer Eltern-Initiative also, die sich den Klimastreiks seit 2019 anschließt. Anfang 2021 gründeten ein paar Berliner Eltern, die von Petitionen, Kundgebungen und Kampagnen genug hatten, eine Untergruppe. »Ich hatte das Gefühl, der Wumms sprengt den Rahmen«, sagt Schatzmann über ihre früheren klimaaktivistischen Gruppen. Sie habe einen Schritt weitergehen wollen. Es ist eine Premiere, dass die 29-Jährige tatsächlich eine illegale Protestaktion mitorganisiert, »aber das ist der Situation angemessen.«
Schatzmann erwähnt ihren zweijährigen Sohn, beschreibt die Angst, die sie um seine Zukunft hat: »Wir sehen nicht ein, abends allein zu Hause zu sitzen und um unsere Kinder zu bangen. Das ist politisch!« Auch Sofia Rodriguez radikalisierte sich durchs Muttersein. Während der Schwangerschaft mit ihrer heute vierjährigen Tochter habe sie den IPCC-Bericht gelesen, den Report des Weltklimarates, und sei in Panik geraten. Mit der Aktion jetzt wünsche sie sich die Aufmerksamkeit anderer Eltern. Sie müssten sehen, »wie gefährdet die Zukunft unserer Kinder ist«.
Um Eltern und Kinder geht es viel an diesem Vormittag. Eine Mitstreiterin ruft mehrmals, sie stünden hier »als Mütter«, die fünf Klebenden tragen T-Shirts, auf denen die Weltkugel ein Baby im Tragetuch hält, Rodriguez stellt gar ihren »lebensschöpfenden Körper« in Kontrast zum mörderischen Bankwesen – »Mutter Natur« ist Programm. Ein einziger Vater ist dabei: Jörg Finus dokumentiert die Aktion auf dem Kurznachrichtendienst Twitter und fungiert als Pressesprecher. Ihm sei das Geschlechterverhältnis auch aufgefallen, »anscheinend fühlen sich bei der Frage politischer Carearbeit noch zuwenige Männer angesprochen.« Unabhängig, ob nun Mutter oder Vater, sei aber ihre Elternrolle relevant. »Wir wollen rüberbringen, dass auch ganz normale Eltern den Klimakillern auf die Pelle rücken«, so Finus. Mit blauem Jacket und Sonnenbrille könnte er auch als Bankkaufmann in der Filiale stehen. »Es ist Zeit, dass Menschen auf die Barrikaden gehen, die nicht von außen als zu radikal disqualifiziert werden.«
Nur wenige Passant*innen bleiben indes länger stehen. Drei Mitarbeitende der Bankfiliale haben den Laden durch einen Seitenausgang verlassen und beobachten das Geschehen. Einer von ihnen schüttelt den Kopf. »Das würde ich auch als Außenstehender nicht nachvollziehen«, sagt er zu »nd«. »Das Thema ist wichtig, aber wieso wird das so punktuell an der Bank festgemacht?« Schatzmann ruft dem kleinen Publikum entgegen: »Egal, was ihnen im Leben wichtig ist, es ist von der Klimakrise bedroht.«
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