Verlorenes Jahrzehnt beim Klimaschutz

Nach den Wahlen in Australien wird es auch um deutlich höhere Emissionsminderungsziele gehen

  • Barbara Barkhausen und Christoph Müller
  • Lesedauer: 3 Min.

Australien gehört zu den weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen und damit zu den Hauptverursachern des Klimawandels, war in den vergangenen drei Jahren aber auch besonders hart getroffen von dessen Folgen. Katastrophale Busch- und Waldbrände, Hitzewellen und schwere Überschwemmungen suchten den fünften Kontinent heim. Und so ist es kein Wunder, dass die Erderwärmung hier besonders präsent ist. Laut jüngsten Umfragen ist das Klima für die Wähler das wichtigste Thema, mit deutlichem Abstand gefolgt von den Lebenshaltungskosten und der wirtschaftlichen Lage. Eine Mehrheit befürwortet inzwischen auch die Einführung eines Emissionshandelssystems oder einer CO2-Steuer.

Trotzdem spielte die künftige Klimapolitik im Wahlkampf eine untergeordnete Rolle. Die Konservativen ignorieren das Thema seit jeher, und der Spitzenkandidat der linken Labor Party, Anthony Albanese, hat noch die Wahlen von 2019 in schlechter Erinnerung, als seine Partei auch wegen der Sorgen der Wähler um die Zukunft der Kohleindustrie verlor. Der konservative Wahlsieger Scott Morrison hingegen hatte ein Stück Kohle ins Parlament mitgebracht, um seine Verbundenheit mit der Branche zu demonstrieren. Kohle ist mit einem Anteil von 15 Prozent an den australischen Ausfuhren das zweitwichtigste Exportprodukt nach Eisenerz, viele Tausend Arbeitsplätze hängen von dieser Industrie ab. Außerdem wird mehr als die Hälfte aller Elektrizität in Kohlekraftwerken erzeugt.

Daher wird die Kritik im Inland an der bisherigen Politik lauter: »Die Bilanz ist eindeutig – in acht Jahren haben die Entscheidungen der Regierung die Klimakrise verschärft«, urteilt Amanda McKenzie, Chefin des australischen Klimarates. Das Land habe »fast ein Jahrzehnt verloren, um starke und mutige Maßnahmen zu ergreifen«. Die Umweltforscher Sarah Bekessy und Brendan Wintle rechneten in einem Beitrag für das Wissenschaftsmagazin »The Conservation« vor: »Die Klimapolitik der Koalition steht im Einklang mit einer globalen Erwärmung von drei bis vier Grad Celsius in diesem Jahrhundert.« Dies wäre katastrophal für die Biodiversität und würde tropische Korallenriffe praktisch aussterben lassen, so die Experten.

Der Climate Action Tracker, der die Klimapolitik aller Regierungen auf unabhängiger wissenschaftlicher Grundlage beurteilt, stuft die von Australien als »hochgradig ungenügend« ein. Offizielles Ziel ist es bisher, die CO2-Emissionen bis 2030 um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu reduzieren. Dabei rechnet die bisherige Regierung die Emissionen aus der Landnutzung mit. Lediglich wegen der hohen Entwaldungsrate im Referenzjahr 2005 kann sie für das Jahr 2019 eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes um 20 Prozent vorweisen. Lässt man die Bodennutzung hingegen weg, sind die Emissionen in Australien seit 2005 gerade einmal um zwei Prozent gesunken – und das, obwohl der Ausstoß der Bevölkerung pro Kopf im internationalen Vergleich sehr hoch ist: In Australien beträgt dieser 16,8 Tonnen CO2 pro Jahr, in Deutschland hingegen 9,1 Tonnen.

Der Klimaplan der Labor Party ist etwas ambitionierter: Diese will die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2005 senken. Aus Sicht der Klimawissenschaftlerin Nerilie Abram von der Australian National University ist aber auch das ungenügend: Australien müsse eine Reduktion um 50 bis 74 Prozent bis 2030 erreichen, um »seinen Teil zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens beizutragen«. Besser sehen die Klimaziele der grünen Partei aus, die die Emissionen bis zum Jahr 2035 auf netto-null reduzieren will und nicht erst bis 2050, wie die großen Parteien. Aus Sicht von Expertin Abrams fehlen aber die Details, wie dies gelingen soll. Sollte keine Partei eine Mehrheit bei der Wahl erreichen, könnte der Plan der politisch bisher eher unbedeutenden Grünen noch relevant werden – in einer Koalition mit Labor.

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