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Initiative gegen Ersatzfreiheitsstrafen

Eine schnelle Abschaffung ist nicht in Sicht

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Mittwoch müssen Menschen wieder fürchten, für eine wiederholte widerrechtliche Nutzung des Nahverkehrs ins Gefängnis zu gehen, denn die bis dahin ausgesetze Ersatzfreiheitsstrafe kann nun wieder verhängt werden. Wer sich Beförderungsleistungen erschleicht, begeht nach deutschem Recht eine Straftat. Wird die daraus resultierende Strafe nicht beglichen, führt der Weg all zu oft in den Knast. Gegen diese Rechtspraxis haben sich Initiativen gebildet. Der »Freiheitsfonds« hat nach eigenen Angaben mittlerweile rund 425 000 Euro dafür aufgewendet, 417 Personen freizukaufen. Damit wurden nicht nur 84 Jahre Haftdauer aufgelöst, sondern auch rund 4,6 Millionen Euro an Kosten gespart, die durch die Inhaftierung enstanden sind.

Mit der Übergabe von 100 000 Unterschriften an die Justizminister*innen anlässlich des Justizminister*innentreffens in Schwangau im Allgäu bekräftigt der »Freiheitsfonds« eine breite Unterstützung für die Überarbeitung der noch gültigen Gesetzespraxis. Da die Verkehrsbetriebe regelmäßig Anzeige erstatten, greift der Paragraf 265a StGB, der in der Nazi-Zeit erlassen wurde und sorgt für immer mehr Ersatzfreiheitsstrafen.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe BAG-W kritisiert die Rechtslage, die vor allem finanziell schwache Menschen trifft. Arme und wohnungslose Menschen könnten sich meist weder teure Fahrtickets noch die auferlegten Geldstrafen leisten. »Diese Regelungen sind somit unsozial. Wir begrüßen daher die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform des Strafrechts in Bezug auf Ersatzfreiheitsstrafen und hoffen, dass das sogenannte ›Schwarzfahren‹ in naher Zukunft nicht mehr als Straftat geahndet wird«, meint Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG-W. Etwa 7000 Menschen müssen hierzulande pro Jahr ins Gefängnis, weil sie weder das Ticket noch die Geldstrafen bezahlen können.

Das Thema sei »juristisch nicht zu lösen«, sagte Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Donnerstag. Stattdessen müsse armen und suchtkranken Menschen, die wegen Fahrens ohne Fahrschein besonders häufig ins Gefängnis müssten, »auf sozialer und Betreuungsseite« geholfen werden. Man sei sich aber unter den Ländern einig, dass es bei dem Thema »Beratungsbedarf« gebe. Daher sollen sich nun die Amtschefs der Ministerien damit beschäftigen.

Im aktuell gültigen Neun-Euro-Monatsticket sieht die BAG-W eine Chance. Insbesondere wohnungslose Menschen sind auf Mobilität innerhalb der Städte angewiesen. Von der Notunterkunft zur Tagesstätte über Angebote der medizinischen Versorgung weiter zur Lebensmittel-und Kleiderausgabe, bedeutet Überleben auf der Straße sehr viel Stress. Die BAG-W schätzt, dass rund 45 000 Menschen derzeit ohne jede Unterkunft auf der Straße leben.

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Die Abschaffung des umstrittenen Paragrafen ist bereits seit Jahren in der Diskussion. Schon im Jahr 2018 wollten die damals gemeinsam in der Opposition sitzenden Fraktionen von Linkspartei und Grünen im Bundestag die ersatzlose Streichung erwirken. Die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe durch Verrechtlichung der gemeinnützigen Arbeit als primärer Ersatzstrafe (»schwitzen statt sitzen«) bleibe einem weiteren gesetzgeberischen Schritt vorbehalten, meinten damals Politiker der Grünen-Fraktion im Bundestag. Für Personen, die keine gemeinnützige Arbeit leisten können, komme es auf die Betreuungsangebote an, die aber nur außerhalb der Strafrechtspflege sinnvoll geleistet werden könnten, schlugen die Grünen vor.

Die Linkspartei erhoffte sich durch eine Reform die Entlastung von Justiz und Gerichten sowie auch der öffentlichen Haushalte.

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