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Mit dem 9-Euro-Ticket raus ins Grüne
So funktioniert die klimafreundliche Anreise zu Wander-, Rad- und Bootstouren im Naturpark Dahme-Heideseen
Mit seinem dicken Fell ist der Fischotter gut vor Nässe und Kälte geschützt. Bis zu 70 000 Haare trägt er auf nur einem Quadratzentimeter seiner Haut. In dieser Hinsicht kann sich keine der heimischen Tierarten mit ihm messen. Bei den Prachtlibellen tauchen die Weibchen oft komplett ins Wasser ein, um ihre Eier abzulegen. Die Larven entwickeln sich mehr als zwei Jahre lang unter der Wasseroberfläche, bevor sie an einem Pflanzenstängel an die Luft klettern und schlüpfen. Prachtlibelle und Fischotter leben im Naturpark Dahme-Heideseen, auch Zauneidechse und Teichrohrsänger. Mit etwas Glück lässt sich das eine oder andere Exemplar beobachten.
30 Naturschutzgebiete für Flora und Fauna gibt es in dem südöstlich von Berlin gelegenen Naturpark. Er ist zu mehr als 60 Prozent von Wald bedeckt und zu zehn Prozent von Gewässern. Die Gegend bietet sich an für den Wassersport, aber auch fürs Wandern und Radfahren. Erholungssuchende kommen aus der nahen Hauptstadt und von anderswo für einen Tagesausflug und auch, um hier Urlaub zu machen. Während der Corona-Pandemie, als Auslandsreisen gar nicht oder nur eingeschränkt möglich waren, hat das noch einmal zugenommen.
Beziffern kann Naturparkleiter Carsten Preuß das nicht. Denn die Besucher müssen sich ja nicht bei ihm anmelden, und im Besucherzentrum des Naturparks auf der Burg Storkow wird kein Eintritt verlangt, sodass sich auch keine Tickets zählen lassen. Spürbar ist das größere Interesse aber doch. »Wir merken es an den Hinterlassenschaften, am Müll, den einige zurücklassen, und an den niedergetrampelten Wildkräutern«, sagt Preuß.
»Leider, zu häufig, kommen die Besucher mit dem Auto und fahren so weit rein, wie es geht, bis dorthin, wo sie eigentlich nicht rein dürfen«, sagt der Naturparkleiter. Die Fahrzeuge parken sie dann an Waldwegen und in Schutzgebieten, die für den Verkehr gesperrt sind. Große Teile des Naturparks sind jedoch auch gut mit der Bahn zu erreichen. Im September vergangenen Jahres hat Preuß die Leitung des Naturparks übernommen. Er ist weiterhin ehrenamtlicher Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), hat früher in der Kreisverwaltung Teltow-Fläming gearbeitet und rückte im Mai 2018 als Parteiloser in den Landtag nach, gehörte dort bis zur Landtagswahl im September 2019 der Linksfraktion an.
Ziemlich bald, nachdem Preuß Chef der Naturparkverwaltung in Prieros wurde, überlegte er, wie er Besucher dazu bewegen könnte, mit der Bahn herzufahren statt mit dem Auto. Jetzt nutzt der 59-Jährige zur Werbung für die klimafreundliche Anreise die günstige Gelegenheit des 9-Euro-Tickets. Wie er in der Zeitung gelesen und auch selbst bei der Deutschen Bahn erfragt hat, sind die Menschen ja offenbar bei einem wirklich günstigen Fahrpreis von nur neun Euro für eine Monatskarte für den Nahverkehr in ganz Deutschland durchaus in großer Zahl bereit, ihr Auto in der Garage zu lassen und den Zug zu nehmen.
Als Ausgangspunkt für Wanderungen und Radtouren in den Naturpark Dahme-Heideseen bieten sich im Norden auf der Regionalbahnlinie RB 36 von Königs Wusterhausen nach Frankfurt (Oder) die Bahnhöfe Kunersdorf, Storkow, Hubertushöhe und Wendisch Rietz an. An der Ostflanke des Naturparks verkehrt die Regionalbahn RB 24, die aus Eberswalde kommt und über Berlin-Lichtenberg nach Senftenberg fährt und dabei an den Naturpark-Bahnhöfen Bestensee, Groß Köris, Halbe und Oderin hält. Außerdem passiert der RE 2 nach Cottbus diese Strecke, stoppt dabei aber erst in Brand, knapp außerhalb des Naturparks. Aber auch von dort aus lassen sich Touren unternehmen, sagt Carsten Preuß.
Zu beachten sei, dass es auf der östlichen Strecke bis zum 8. Juli Schienenersatzverkehr gebe und dass die Züge auf der nördlichen Strecke wegen des 9-Euro-Tickets an den Wochenenden so voll sein könnten, dass für ein mitgenommenes Fahrrad kein Platz mehr in den Abteilen ist. Aber das 9-Euro-Ticket wird ja für Juni, Juli und auch noch für August verkauft.
Ausgeschilderte Wanderwege gibt es einige im Naturpark. Mögliche Touren werden auf der Internetseite des Naturparks mit Bildern und Karten vorgestellt. Carsten Preuß empfiehlt beispielsweise eine Wanderung vom Bahnhof Bestensee durch das Sutschketal, bei der man an einer Badestelle vorbeikommt. Die Wanderung ist als Rundkurs zurück zum Bahnhof Bestensee machbar. Als Ziel bietet sich aber auch der Bahnhof Königs Wusterhausen an. Bei beiden Varianten ist die Strecke etwa zehn Kilometer lang. Auch eine 16 Kilometer lange Runde um den Pätzer Hintersee ist mit Start am Bahnhof Bestensee möglich. Ebenfalls 16 Kilometer lang ist eine Tour an den Groß Köriser Seen, die am Bahnhof Groß Köris beginnt und endet.
Vom Bahnhof Oderin könnte es ins Dahmetal gehen. »Hier ist die Dahme ja noch in einem sehr schönen Zustand«, schwärmt Preuß über den zwar nicht gänzlich naturbelassenen, aber doch nicht so sehr begradigten Fluss. Auch eine 67 Kilometer lange Radtour durch die Dahmeaue mit Stopp an einer alten germanischen Siedlung in Kabelow möchte er empfehlen. Diese lässt sich von Königs Wusterhausen oder von Bestensee aus ansteuern.
Zu den Glanzlichtern des Naturparks gehören für Preuß die Möglichkeiten in Storkow und Umgebung. Auf der Burg der Stadt ist die Ausstellung des Naturparkzentrums zu besichtigen. Auf den Burgwiesen zeigen sich ab und an Wasserbüffel. In Storkow können Gäste Boote leihen und paddeln, aber auch auf dem attraktiven Salzweg über das Dorf Philadelphia nach Groß Schauen laufen. Ein Abstecher zur Binnendüne Waltersberge ist ebenfalls drin. Diese liegt übrigens ein kleines Stück außerhalb des Naturparks. Sich die in hiesigen Breiten ungewöhnliche Düne anzuschauen, rät der Naturparkleiter nichtsdestotrotz. Er verweist auch immer wieder auf die Badestellen, die es Wanderern erlauben, sich mit einem Sprung in einen See abzukühlen. Vom Bahnhof Wendisch Rietz führe eine Tour rund um die Glubigseen. »Das ist eine Wanderung mit sehr vielen Naturschönheiten.« Außerdem könne man sich in Wendisch Rietz Kanus leihen.
»Nachrichten von vollen Zügen sind ja eigentlich gute Nachrichten«, kommentiert Carsten Preuß Berichte über den Start des 9-Euro-Tickets. Allein die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben eine Million dieser Tickets verkauft. Für den engagierten Umweltschützer zeigt sich damit: »Wenn es attraktive Fahrpreise gibt, sind die Leute bereit, die Bahn zu nutzen.«
Nach dem Auslaufen des befristeten 9-Euro-Tickets Ende August werde die Zahl der Fahrgäste natürlich wieder abnehmen, sagt Preuß. »Aber wir hoffen, dass der eine oder andere auch danach mit der Bahn in den Naturpark kommen wird« – wenn die Leute erst einmal erlebt haben, wie schön es sei, im Zug am Stau der Autos vorbeizufahren.
www.dahme-heideseen-naturpark.de
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