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AfD verfehlt erhofften Landratsposten in Sachsen
Starke Ergebnisse für rechte Parteien / Offenes Rennen bei OB-Wahl in Dresden
Sie träumte vom »endgültigen Durchbruch«: Die AfD war in Sachsen mit großen Erwartungen in die Wahl der Landräte und Bürgermeister gegangen und hatte darauf gehofft, erstmals in der Bundesrepublik einen Posten an der Spitze einer kommunalen Verwaltung zu erobern. Zwar erzielte sie bei der Abstimmung am Sonntag teils sehr hohe Ergebnisse. Im Landkreis Görlitz brachte es ihr Bewerber Sebastian Wippel beispielsweise auf 35,5 Prozent. Auch die rechtsextremen Freien Sachsen erhielten einigen Zuspruch. Nach einem Erfolg für die AfD sieht es vor der entscheidenden zweiten Wahlrunde am 3. Juli jedoch in keinem der Landkreise und auch in der Landeshauptstadt Dresden nicht aus. Ihre Bewerber gehen überall bestenfalls als Zweitplatzierte in die Neuwahl, die in Sachsen nicht als Stichwahl durchgeführt wird. Vielmehr dürften alle Kandidaten erneut antreten.
In drei Landkreisen ist das Rennen ohnehin schon entschieden. Im Landkreis Leipziger Land setzte sich der amtierende CDU-Landrat Henry Graichen, der auch von SPD und Grünen unterstützt wurde, mit 73 Prozent durch. In Nordsachsen gewann der parteilose, aber von der CDU aufgestellte Amtsinhaber Kai Emanuel mit 63 Prozent. Der von einem Bündnis aus Linke, SPD und Grünen getragene SPD-Politiker Torsten Pötzsch landete mit 17,1 Prozent auf Platz 3, noch hinter der Bewerberin der Freien Sachsen, die es auf 19,9 Prozent brachte. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge setzte sich Amtsinhaber Michael Geisler mit 54 Prozent durch. AfD und Freie Sachsen brachten es in der Region in Summe auf mehr als ein Drittel der Stimmen.
In weiteren sechs Landkreisen gehen CDU-Bewerber als Führende in Runde 2. Im Kreis Görlitz, der eine AfD-Hochburg ist, verfehlte der bisherige CDU-Landtagsabgeordnete Stephan Meyer die erforderliche absolute Mehrheit mit 46,3 Prozent denkbar knapp. In Bautzen geht sein Parteifreund Udo Witschas, der 38,4 Prozent erhielt, mit zehn Prozentpunkten Führung auf den AfD-Bewerber Frank Peschel in den entscheidenden Durchgang. Alex Theile, der von Linke, SPD und Grünen getragen wird, kam auf 25 Prozent. Auch im Kreis Zwickau, dem Erzgebirge und dem Vogtland liegen CDU-Leute vorn. Während im Vogtland aber Henning Thomas mit 42 Prozent kurz vor dem Sieg steht, ist das Rennen in Zwickau und dem Erzgebirge offen. Dort liegen Bewerber der Freien Wähler aussichtsreich hinter den führenden CDU-Politikern. Entscheidend dürfte sein, welche Mitbewerber sich in den nächsten Tagen zurückziehen und Wahlempfehlungen aussprechen.
Die Phalanx der CDU-Landräte, die seit Jahren alle Kreisverwaltungen anführen, könnte im Kreis Mittelsachsen durchbrochen werden. Dort hatten viele Beobachter die größten Chancen für die AfD auf einen Sieg ausgemacht. Als Führender ging aus dem ersten Durchgang aber Dirk Neubauer hervor, der Bürgermeister von Augustusburg bei Chemnitz ist und ebenfalls von einem R2G-Bündnis unterstützt wird. Er holte 41,3 Prozent. AfD-Kandidat Rolf Weigand kam nur auf 28,7 Prozent und liegt damit sogar knapp hinter dem Bewerber der CDU. Bestätigen die Wähler das Ergebnis in der zweiten Runde am 3. Juli, bei der die einfache Mehrheit zum Sieg reicht, gäbe es erstmals seit 2008 wieder einen Landrat, der nicht von der CDU kommt. Damals hatte die SPD-Politikerin Petra Köpping ihren Posten im Leipziger Land verloren.
Zum offenen Rennen wird die Wahl des Oberbürgermeisters in der Landeshauptstadt Dresden. Dort setzte sich zwar Amtsinhaber Dirk Hilbert, der FDP-Mitglied ist, aber von einer Initiative namens »Unabhängige Bürger für Dresden« aufgestellt und auch von der CDU unterstützt wurde, erwartungsgemäß durch; er kam auf 32,5 Prozent. Dahinter folgen die grüne Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (18,9 Prozent), der SPD-Landtagsabgeordnete Albrecht Pallas (15,2), der AfD-Europapolitiker Maximilian Krah (14,2) und der Linke-Politiker André Schollbach (10,3). Zwei Bewerber aus dem Lager der Querdenker brachten es zusammen auf 4,7 Prozent.
Während aber Krah ankündigte, bei der erst am 10. Juli stattfindenden entscheidenden Runde erneut antreten und um die Stimmen der Querdenker werben zu wollen, bündelt das linke Lager gemäß einer vorab getroffenen Verabredung die Kräfte. Rechnerisch könnte das für fast 50 Prozent der Stimmen und einen Machtwechsel im Dresdner Rathaus reichen. Entscheidend wird sein, inwieweit sich Anhänger von SPD und Linke auch für die Grünenpolitikern Jähnigen mobilisieren lassen und wie sich die Wahlbeteiligung entwickelt. Schon an diesem Sonntag nahm nicht einmal jeder zweite Wahlberechtigte an der Abstimmung teil.
Aus Sicht der Linken ist nicht nur das Ergebnis in Dresden, wo Schollbach nur auf Platz 5 einkam und gerade so ein zweistelliges Resultat erzielte, eher enttäuschend. Insgesamt gab es für die Partei bei den Wahlen der Landräte und von knapp 200 Bürgermeistern durchwachsene Ergebnisse. Der linke Oberbürgermeister von Flöha, Volker Holuscha, wurde ebenso klar im Amt bestätigt wie sein Parteifreund Thomas Weikert als Bürgermeister von Lugau. In Borna geht Oberbürgermeisterin Simone Luedtkte, die seit 2008 das Rathaus führt, mit 38 Prozent und neun Punkten Vorsprung vor der Zweitplatzierten in die entscheidende Abstimmung. In Dommitzsch in Nordsachsen siegte ein Kandidat, der von SPD, Linke und Grünen getragen wurde. Beachtliche Ergebnisse gab es auch in Gemeinden wie Gehringswalde oder Otterwisch, wo die 22-jährige Sandra Schröder 32 Prozent gegen den seit 1989 amtierenden Bürgermeister erzielte. Dagegen reichte es in Grimma für den Sozialarbeiter Tobias »Pudding« Burdukat nur für 7,8 Prozent gegen den langjährigen Amtsinhaber. Auch bei den Landratswahlen in Zwickau und Erzgebirge kamen die Bewerber der Linken lediglich auf 8,1 und 5,4 Prozent der Stimmen.
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