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Beispiellose Dürre
Durch den Klimawandel wird auf den Feldern in Frankreich das Wasser knapp
Die aus der Sahara über Nordafrika und Spanien kommende Hitzewelle überzog Ende der vergangenen Woche auch Frankreich. Der Wetterdienst Météo France hatte für 12 der 101 Départements des Landes die Alarmstufe Rot und für weitere 25 die Stufe Orange ausgerufen. Im Südwesten wurden bis zu 41 Grad gemessen, selbst in Paris und im Norden waren es 39 Grad. Es handelte sich um die früheste Hitzeperiode in einem Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Temperaturen lagen bis zu 16 Grad über dem, was sonst um diese Zeit gemessen wird. In 35 Departements musste per Dekret der Wasserverbrauch eingeschränkt werden. Viele Unternehmen passten die Arbeitszeit den Temperaturen an und verordneten Homeoffice.
Hitzewellen haben in Frankreich allein in den Jahren 2015 bis 2020 zwischen 24 und 37 Milliarden Euro gekostet. Das liegt an den Waldbränden sowie Schäden an Straßen und anderer Infrastruktur, doch vor allem an der hitzebedingt eingeschränkten Produktivität. Nicht nur Arbeiter, sondern auch Büroangestellte verlieren laut Experten bei 33 Grad rund die Hälfte ihrer Leistungsfähigkeit.
Da nicht nur in Büros und Läden, sondern auch in Wohnungen immer mehr Klimaanlagen im Einsatz sind, steigt der Stromverbrauch stark an. Das ist besonders problematisch, weil von Frankreichs 59 Atomkraftreaktoren, die gewöhnlich mehr als drei Viertel des benötigten Stroms liefern, in diesem Sommer die Hälfte abgeschaltet sind, da sie turnusmäßig gewartet werden oder Defekte repariert werden müssen.
Die ungewöhnlich hohen Temperaturen verschlimmern die Trockenheit der Böden, was den Bauern nach dem regenarmen Winter und Frühjahr große Sorgen bereitet. Zwischen September und November hat es ein Drittel weniger geregnet als gewöhnlich. Nach vorübergehender Normalisierung im Dezember setzte mit Jahresbeginn eine neue Trockenperiode ein. In den Monaten Januar bis April regnete es zwischen 30 und 40 Prozent weniger als gewöhnlich. Von 11. April bis 24. Mai gab es eine Hitzeperiode. Der Mai 2022 war der wärmste Mai, seit Wetterdaten aufgezeichnet werden. Bei Spitzentemperaturen von 36 Grad lag das Monatsmittel drei Grad über normal.
Die Ursache war eine aus Afrika über Spanien gekommene Warmfront, die mehr als sechs Wochen über Frankreich festsaß. Dieses Wetterphänomen bringen Experten mit dem Klimawandel in Verbindung, der durch steigende Durchschnittstemperaturen auch Einfluss auf den Golfstrom hat, der für das Wetter in Europa von großer Bedeutung ist.
Die Folgen: Frankreichs Flüsse haben einen für den gegenwärtigen Zeitpunkt ungewöhnlich niedrigen Wasserstand, viele Bäche führen bereits gar kein Wasser mehr und landesweit sind die Felder stark ausgetrocknet. Dadurch steht das Getreide 20 bis 30 Zentimeter niedriger als gewöhnlich und die Ähren sind kleiner, sodass für dieses Jahr mit einer um ein Viertel bis ein Drittel geringeren Ernte gerechnet wird. Kartoffeln sind nur halb so groß wie üblich, Obst und Gemüse gedeihen schlechter und haben weniger Nährgehalt.
Selbst wo Landwirte über eine Beregnungsanlage für ihre Felder verfügen, ist das oft keine Lösung, denn in jedem dritten Departement gibt es bereits Verbrauchseinschränkungen für Wasser, sodass dort die Felder bestenfalls nachts einige Stunden gewässert werden dürfen. Auch für Privathaushalte gibt es vergleichbare Vorschriften, sodass das Bewässern der Gärten, das Autowaschen oder das Füllen von Swimmingpools auf die Nachtstunden beschränkt ist.
Viele Landwirte müssen sich entscheiden, welche Kulturen sie aufgeben, um andere mit dem knapp gewordenen Wasser zu versorgen. Andere wollen auf Getreide- oder Gemüsesorten umstellen, die mit weniger Wasser auskommen. So hat der auf Ziegenzucht und Käseproduktion spezialisierte Bauer Samuel Baudoin im südfranzösischen Departement Hérault eine anspruchslosere Lupinensorte gefunden, die er künftig anbauen wird, um seine Herde mit ausreichend Futterreserven über den Winter zu bringen.
Aktuell ist die Aussicht auf Besserung gering. Der Agrarklimaexperte Serge Zaka betont, dass selbst einige starke Gewitter die Lage nicht ändern, denn der dabei fallende Regen versickere schnell im trockenen Boden, ohne dass sich der Grundwasserspiegel nennenswert erhöhe. Dafür wäre mäßiger, aber länger anhaltender Regen nötig.
Viele Bauern sehen die Lösung in Wasserreservoirs wie dem 200 Kubikmeter fassenden Rückhaltebecken, das der Bauer Vicent Machesseau im Departement Deux-Sèvres im Westen Frankreichs zusammen mit 15 Kollegen angelegt hat. Es wurde zwischen Januar und März mit hochgepumpten Grundwasser gefüllt und dient jetzt bei Bedarf der Bewässerung der Felder. Solch eine Entnahme von Grundwasser will Julien Le Get, Sprecher einer örtlichen Umweltinitiative, aber bestenfalls für regenreiche Monate gelten lassen, nicht aber in der gegenwärtig angespannten Situation. Zwei Drittel des Landes haben einen deutlich niedrigeren Grundwasserspiegel als gewöhnlich um diese Zeit, und in jeder siebten Gemeinde ist er so niedrig wie seit 20 Jahren nicht.
Nachhaltiger geht Gemüsebauer Jean-René Menier in der Bretagne das Problem an: Er hat ein Becken mit 60 000 Kubikmeter Fassungsvermögen angelegt, das aber nicht mit Grundwasser gefüllt ist, sondern mit aufgefangenem Regenwasser. »Voraussetzung ist natürlich, dass es ausreichend geregnet hat«, räumt er ein.
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