- Berlin
- Berliner SPD
Scharfe Kritik an SPD-Chef Raed Saleh
Bezirksverordneter kritisiert »mafiöse Strukturen« im Landes- und Kreisverband
Kritik an Führungsstil und Strippenzieherei des Berliner SPD-Fraktions- und Co-Landeschefs Raed Saleh ist nicht neu. Doch der am Montag versandte offene Brief des Spandauer Bezirksverordneten Jens Hofmann eröffnet eine neue Dimension. Saleh habe »in den letzten zwei Jahrzehnten ein Netz geknüpft, das mittlerweile nicht nur weit über Spandau hinausreicht, sondern geradezu mafiöse Strukturen aufweist und die innerparteiliche Demokratie unterläuft«, schreibt Hofmann, der am 23. Mai seinen Austritt aus der SPD-Bezirksfraktion erklärt hatte. Grund waren innerfraktionelle Querelen.
Saleh, der auch Spandauer SPD-Kreischef ist, habe es geschafft, »eine große Gruppe von meinungsschwachen Ja-Sagern um sich zu scharen und Kritiker mundtot zu machen. Das bedeutet aber nicht, dass die Reihen hinter ihm geschlossen stehen, sondern dass die Partei quasi tot ist«, schreibt Hofmann, der nach eigenen Angaben über 30 Jahre SPD-Mitglied ist und das bleiben will.
»Ich bin definitiv niemand, der nach Ämtern strebt«, sagt Jens Hofmann zu »nd«. Nach seinem Austritt seien jedoch Gerüchte gestreut worden, er habe den Schritt aus Enttäuschung darüber getan, bei Posten leer ausgegangen zu sein. »Ich wollte nicht an die Öffentlichkeit«, so Hofmann. Die Unterstellungen seien der Grund für den offenen Brief.
Dass Saleh innerhalb der SPD polarisiert, ist keine Neuigkeit. Im November 2017 hatten 14 SPD-Abgeordnetenhausmitglieder ein internes Schreiben an ihn verfasst, in dem die Art der Fraktionsführung und Kommunikation nach innen wie außen scharf kritisiert wurde. Der Großteil von ihnen landete derweil auf dem politischen Abstellgleis, der einstige Spandauer Abgeordnete Daniel Buchholz verlor seinen Wahlkreis, den er viermal direkt gewonnen hatte.
Jens Hofmann warnt vor einer »Spandauerisierung« der gesamten Berliner SPD und vergreift sich dabei im Brief auch manchmal im Ton, wenn er Saleh »das Talent eines windigen Autoverkäufers« unterstellt. Alles diene Salehs Ziel, Regierender Bürgermeister zu werden, so Hofmann. »Franziska Giffey ist dabei lediglich sein Zugpferd. Sie wird früher oder später über einen Skandal stolpern«, prophezeit er.
Saleh reagiert kühl auf die Anschuldigungen. »Das ehemalige Fraktionsmitglied hat sich für eine politische Wahlfunktion ins Spiel gebracht und konnte nicht berücksichtigt werden. Ich nehme diese persönliche Enttäuschung zur Kenntnis«, sagt er zu »nd«.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!