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Nicht alles koscher mit der Synagoge
Streit der verschiedenen jüdischen Gemeinden in Potsdam geht weiter
Der Neubau einer Synagoge nebst jüdischem Gemeindezentrum in Potsdam kommt gut voran. Im September vergangenen Jahres hatte der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) mit dem Ausschachten der Baugrube begonnen. Im November wurde an der Schloßstraße 8 der Grundstein gelegt, und nun stehen bereits drei Geschosse im Rohbau. Es fehlen noch ein weiteres Obergeschoss und die Dachterrasse.
»Die Errichtung der Synagoge ist ein sichtbares Symbol dafür, dass jüdisches Leben in Potsdam wieder dort präsent wird und sichtbar sein wird, wo es hingehört: im Herzen der Stadt, in unserer Mitte«, schwärmt Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD).
- Die alte Synagoge von Potsdam wurde 1903 eingeweiht, sie stand am heutigen Platz der Einheit.
- 1938 wurde sie von den Faschisten demoliert und geschändet, aber nicht wie andere Synagogen in Deutschland in Brand gesetzt, da man fürchtete, die Flammen könnten auf die Hauptpost nebenan übergreifen.Listenpunkt
- Bei einem Bombenangriff im April 1945 wurde die alte Synagoge zerstört, die Ruine zehn Jahre später abgerissen.
- Um den Bau der neuen Synagoge an der Schloßstraße 8 wird schon seit Jahrzehnten gerungen. Ein Hemmnis war dabei, dass sich verschiedene jüdische Gemeinden der Stadt nicht über die Details der Gestaltung und eine gemeinsame Nutzung einigen konnten. Schließlich wurde die neue Synagoge mit einer Bruttogeschossfläche von 2031 Quadratmetern entworfen.
- Die Fassade des Rohbaus aus Beton wird noch mit Ziegeln verblendet. Es gibt eine Fußbodenheizung unter den Böden, die je nach Etage aus Sandstein oder Holz sein sollen.
- Zur Ausstattung des Synagogenzentrums gehören beispielsweise eine Pförtnerloge, eine Bibliothek und ein Kellerraum für die Jugend.
- Der eigentliche Synagogenraum erstreckt sich über drei Geschosse. Licht fällt über sieben Bogenfenster und ein Glasdach ein. Im Raum ist Platz für 149 Personen plus 50 Personen auf der Frauenempore. af
»Wir sind zufrieden«, erklärt Finanzstaatssekretär Frank Stolper (parteilos, für SPD) am Montagnachmittag bei einer Besichtigung der Baustelle. Am 24. August soll Richtfest gefeiert werden. »Trotz akuter Liefer- und Personalengpässe im Baugewerbe gibt es bisher keine Verzögerungen.« Im Dezember kommenden Jahres könnte das Synagogenzentrum fertig sein, um im Frühjahr 2024 schließlich eröffnet zu werden.
Dann aber fangen die Probleme erst an – und wenn nicht sofort, so doch spätestens drei Jahre später. Das ist schon absehbar. Denn nach der Fertigstellung übergibt der Landesbetrieb den 15,9 Millionen Euro teuren Neubau erst einmal an die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Doch die soll ihn nur drei Jahre lang betreiben, bis sich die Gemüter beruhigt haben und alles eingespielt ist. Danach soll der Landesverband der jüdischen Gemeinden übernehmen, so Kulturministerin Schüle. Besser gesagt: Sie hofft, dass es so kommt. Denn bei den Gemeinden in Potsdam – mittlerweile sind es fünf, die untereinander im Streit liegen – sind unvorhergesehene Wendungen nicht ausgeschlossen. So kann es durchaus auch ein frommer Wunsch sein, wenn Abraham Lehrer, der Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle, sagt: »Wir sind zuversichtlich, in naher Zukunft einen religiösen, kulturellen und sozialen Ort der Zusammenkunft für alle Jüdinnen und Juden in Potsdam eröffnen zu können.«
»Diese Synagoge wird am Ende nicht koscher sein«, schimpft dagegen Ud Joffe, Vorsitzender der Potsdamer Synagogengemeinde. Die Brüder und Schwestern müssten weiterhin nach Berlin fahren. Seine Kritik entzündet sich bereits an scheinbaren Kleinigkeiten: dass zum Beispiel ein Durchgang von der Küche zum Café aus den ursprünglichen Plänen gestrichen worden sei. »150 Leute müssen bedient werden durch eine Tür von 1,10 Meter.« Joffe kann es nicht fassen. Er hat sich mit einigen Gleichgesinnten hineingedrängt in den Baustellenrundgang für Journalisten – veranlasst durch eine missverstandene Information, dies sei ein öffentlicher Termin für alle Interessierten, zu dem ausgerechnet die Vertreter der jüdischen Gemeinschaft nicht extra eingeladen worden seien, für die diese Synagoge doch gebaut werde. Man will Joffe am Eingang aufhalten. Doch er lässt es darauf ankommen, ob ihm hier wirklich der Einblick verwehrt wird. »Das ist unser Haus«, beharrt Joffe. »Im Moment ist es mein Haus«, entgegnet Gerit Fischer, Technische Geschäftsführerin im Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen. Denn noch sei es ja nicht übergeben. Solche Erklärungen beruhigen Joffe nicht. Er regt sich nur immer mehr auf.
Jemand fragt schon nach einem Sicherheitsdienst, um den Störer zu entfernen, als Joffe die Beherrschung verliert und brüllt: »Wir sind die Juden dieser Stadt und nicht Homolka und seine Genitalien.« Er spielt damit auf den liberalen Rabbiner Walter Homolka an, den Rektor des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs, der seine Ämter in der Ausbildungsstätte für Rabbiner und Kantoren ruhen lässt: Sein Lebenspartner soll einen Studierenden sexuell belästigt haben, Homolka habe dies zu vertuschen versucht – so der Vorwurf.
Vollends flippt Joffe aus, als er die halb fertige Mikwe, das Ritualbad im Keller, besichtigt. Da behauptet er, die Ausführung sei nicht koscher. David Gewirtz, der Rabbiner von Joffes Synagogengemeinde, bleibt ruhig, schaut sich alles genau an und erklärt freundlich, wo hier das Problem bei der vorgeschriebenen Befüllung mit Regenwasser sei. Es gebe bei den verschiedenen jüdischen Richtungen unterschiedliche Auffassungen, wie ein Ritualbad auszusehen habe, damit es garantiert den religiösen Vorschriften entspreche. Einige Richtungen würden eine Mikwe wie diese hier akzeptieren, andere nicht. Es gebe aber eine Ausführung, die für alle in Ordnung wäre. Diese zu bauen, sei hier versäumt worden.
Architekt Jost Haberland und die Zentralwohlfahrtsstelle versichern dagegen, es sei alles so projektiert wie von orthodoxen Rabbinern empfohlen und geprüft. »Wir bauen das exakt nach den Regeln«, beteuert Haberland. Doch auch, was die Empore für die Frauen in der Synagoge betrifft, ist Ud Joffe mit der Ausgestaltung nicht einverstanden. Und Ulrich Zimmermann, Vorsitzender des Synagogen-Fördervereins Potsdam, fordert von der Landesregierung, »das Recht der jüdischen Gemeinden auf religiöse Selbstbestimmung bei Gestaltung, Betreibung und Nutzung der Synagoge vertraglich abzusichern«. Denn auf die unverbindliche Zusage von Kulturministerium und Zentralwohlfahrtsstelle, die jüdischen Gemeinden zu beteiligen, sei kein Verlass.
Das alles ist aber noch weit entfernt von den Ansichten der Gesetzestreuen jüdischen Landesgemeinde. Diese behauptet, es würden in Deutschland nur Schein-Synagogen gebaut, in denen »kein Judentum, sondern im besten Fall russisch-ukrainische Kultur praktiziert wird«.
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