Immobilien könnten billiger werden

Vor allem steigende Zinsen setzen Preise unter Druck

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Nach jahrelangen Preisanstiegen neigt sich der Immobilienboom in der Hauptstadt voraussichtlich dem Ende entgegen«, schreibt das Immobilienportal Immowelt in seinem aktuellen Marktbericht für Berlin. Das Unternehmen rechnet derzeit bei Eigentumswohnungen bis Dezember dieses Jahres mit einem Preisrückgang um zwei Prozent.

Damit wird Wohneigentum trotzdem nicht über Nacht zu einer Option für breite Schichten der Berliner Bevölkerung. Denn aktuell werden Bestandswohnungen laut Immowelt im stadtweiten Mittel für einen Quadratmeterpreis von 5007 Euro angeboten. Die Spanne reicht von 7201 Euro pro Quadratmeter in Grunewald bis zu 2636 Euro in Kaulsdorf. In den vergangenen fünf Jahren gingen die Preise um 55 Prozent nach oben.

Für die Trendwende spreche »die Kombination aus zuletzt stark gestiegenen Zinsen für Baudarlehen, Unsicherheiten durch den anhaltenden Ukraine-Krieg und der derzeit hohen Inflation«, schreibt Immowelt. Innerhalb weniger Monate kletterten dieses Jahr die Bauzinsen von rund einem auf fast dreieinhalb Prozent.

Von einer »skeptischeren Stimmung« berichtet auch der Berliner Makler Guthmann in seinem aktuellen Zinshausreport zum Verkaufsgeschehen bei ganzen Mietshäusern. Bisher habe die Annahme überwogen, dass die seit über einem Jahrzehnt anhaltende Preisexplosion nur gebremst würde. Demnach stünden wegen der steigenden Zinsen insbesondere ausländische Eigentümer unter Druck, weil hier die Konditionen oftmals noch schlechter seien. »Immer häufiger werden wir um Bewertungen und Verkaufsstrategien gebeten«, berichtet das Maklerhaus.

Im ersten Halbjahr 2022 sank erstmals seit 2009 auch der sogenannte Vervielfältiger. Dieser Faktor beschreibt, wie viele Jahresmieten aufgebracht werden müssen, um den Kaufpreis eines vermieteten Hauses aufzubringen. Waren es 2021 noch im Durchschnitt 32 Jahresmieten, fiel der Wert auf 29. 2008/2009 hatte die platzende Immobilienblase in den USA eine Weltfinanzkrise ausgelöst.

Und auch bei den großen Wohnkonzernen kommt das Geschäftsmodell ins Stottern. »Das Expansionsmodell von Vonovia funktioniert in Zeiten der Inflation und teureren Fremdkapitals nicht mehr«, sagte Elias Halbig, Portfoliomanager bei Union Investment, der »Welt«. Das ist auch am Börsenkurs von Vonovia ablesbar, dem größten privaten Vermieter Europas mit über 120 000 Wohnungen in Berlin nach der Übernahme der Deutsche Wohnen. Seit Jahresbeginn sank der Aktienkurs um über ein Drittel auf unter 28 Euro.

»Wir werden im Moment keine Akquisitionen mehr machen. Auch unsere eigenen Neubauprojekte werden wir größtenteils an Dritte verkaufen und nicht an uns selbst«, kündigte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch an. Verkauft werden sollen auch Bestände außerhalb der Ballungszentren, die geplante Expansion nach Frankreich und in die Niederlande ist abgesagt.

Schlecht sieht es auch für den Aktienkurs des Immobilienkonzerns Aroundtown aus, des Hauptsponsors des Hauptstadtclubs 1. FC Union. Seit Jahresbeginn büßte er fast die Hälfte seines Wertes ein, nicht einmal mehr drei Euro kostet die Aktie. Im Februar 2020, zu Beginn der weltweiten Corona-Pandemie, lag der Preis noch bei fast neun Euro. Die Firma Aroundtown, die selbst und über die Tochter TLG-Immobilien vor allem auf Gewerbeimmobilien spezialisiert ist, hält auch eine Mehrheitsbeteiligung am Wohnungskonzern Grand City Properties, der in Berlin über 8000 Einheiten besitzt. Sein Aktienkurs hat seit Jahresbeginn fast 40 Prozent an Wert verloren. Er liegt nun bei rund 12,50 Euro.

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