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- Fußball-EM der Frauen
Gegen das Vorbild: Deutschland vs Spanien
Die deutschen Fußballerinnen treffen bei der EM auf die Spanierinnen
Jorge Vilda ist eigentlich kein Mann der großen Töne. Der Nationaltrainer der spanischen Fußballerinnen pflegt gewöhnlich eine zurückhaltende Art und predigt immer wieder den Gemeinsinn. Der gebürtige Madrilene, der in Jugendzeiten sowohl für den FC Barcelona als auch Real Madrid gespielt hat, ehe er bereits mit 27 Jahren als Assistenztrainer bei den spanischen Juniorinnen anfing, weiß nur zu gut, wie mühsam im Fußball der Frauen und Mädchen die Saat ausgebracht werden muss, ehe Ernte eingefahren werden kann.
Aber für den 41-Jährigen, der 2015 den Cheftrainerposten bei Spaniens Frauen übernahm, scheint die Zeit jetzt reif. Er hat vor dem zweiten Gruppenspiel der Europameisterschaft zwischen Deutschland und Spanien an diesem Dienstag daran erinnert, dass sein Ensemble beim Vorbereitungsturnier in England um den Arnold-Clark-Cup das klar bessere Team war, dann aber kurz vor Schluss noch den 1:1-Ausgleich der nun positiv auf das Coronavirus getesteten Lea Schüller eingeschenkt bekam. Kein Sieg im sechsten Anlauf. Nun aber glaubt Vilda: »Wir haben daraus gelernt. Ich denke, dass es jetzt die beste Gelegenheit ist, Deutschland zum ersten Mal zu schlagen.«
Ihm passte die hohe Erwartungshaltung vor der EM indes gar nicht. Nur weil der FC Barcelona die Champions League gewinnen kann – 2021 gelang das, in diesem Jahr war Olympique Lyon wieder zu stark – und zweimal mehr als 90 000 Menschen ins Camp Nou strömen, um Weltfußballerin Alexia Putellas anzufeuern, muss sein Nationalteam nicht zwangsläufig das Turnier gewinnen. Insofern hatte Alexias Kreuzbandriss einen Effekt: Auch bei den spanischen Medien kam nach dieser Schocknachricht wieder Demut durch. Ebenso ebbte die Kritik an Vildas Nichtberücksichtigung der lange verletzten Jennifer Hermoso ab.
Im ersten Gruppenspiel kam beim 4:1 gegen Finnland noch ein früher Rückstand dazu – doch dann schüttelten sich die Spanierinnen und anstelle des ansonsten gepflegten Tiki-Taka erwiesen sich auf einmal schnöde Standardsituationen als Türöffner. Irene Paredes, Aitana Bonmati und Lucia Garcia bewiesen dreimal Köpfchen. Und damit eine erstaunliche Wandlungsfähigkeit. Es steht aber außer Frage, dass der Weltranglistensiebte, der bei der EM 2017 erstaunlicherweise im Viertelfinale gegen Österreich kein Tor aus dem Spiel zustande brachte und dann im Elfmeterschießen fast mit Ansage scheiterte, gegen die DFB-Elf wieder auf viel Ballbesitz setzen wird.
Das ist in der DNA der Spielerinnen verankert, weil das Stilmittel bewusst aus den Talentschmieden der Männer und Jungs auch für die Frauen und Mädchen kopiert worden war. Beispielhaft beim FC Barcelona, wo der Ursprung einer nachhaltigen Entwicklung zu finden ist. Der Fortschritt wird auch vom spanischen Fußballverband belohnt: Künftig sollen das Frauen- und Männer-Nationalteam von den von der Uefa und Fifa verteilten Bonuszahlungen und Fernsehprämien gleichermaßen profitieren. Schließlich können die Frauen eine Epoche prägen wie einst die Männer.
Für den Sportlichen Leiter Nationalmannschaft beim DFB, Joti Chatzialexiou, sind die spanischen Leistungszentren längst beispielhaft. Er weiß, dass die dort erschaffenen Strukturen eine weltweite Benchmark bilden, wenn es um die Basisarbeit im Nachwuchs geht: »Das ist eine andere Mentalität, eine andere Haltung.« Der über den Tellerrand blickende 46-Jährige zählt in diesem Zusammenhang auf, dass spanische Juniorinnen seit rund einem Jahrzehnt bis auf eine Ausnahme immer mindestens bis ins Halbfinale einer U17- und U19-EM gekommen sind.
Chatzialexiou sagt: »Ich glaube, dass der spanische Fußball in Zukunft im Frauenbereich dominierend sein wird.« Nichtsdestotrotz müsse aber dem deutschen Team jetzt im ausverkauften Community-Stadion von Brentford nicht bange sein. »Wir müssen den deutschen Weg gehen und brauchen uns nicht zu verstecken.« Auch wenn Jorge Vilda das Stoppschild aufstellen will.
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