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Nato-Drill für Kiews Truppen
Trotz rechtlicher Bedenken können die USA in Deutschland ukrainische Soldaten schulen
Deutschland und die Niederlande lieferten der Ukraine zwölf Panzerhaubitzen 2000. Das scheint wenig zu sein, doch es geht nicht nur um die Hardware. Ebenso wichtig ist die Munition, die für diese selbstfahrenden Geschütze geliefert wird. Es handelt sich zumeist um intelligente Smart-Granaten. Diese Suchzünder-Munition für die Artillerie vom standardisierten Nato-Kaliber 155 mm dient zur Bekämpfung gepanzerter Ziele in einer Entfernung von bis zu 23 Kilometern. Sie wird von einer Tochtergesellschaft der deutschen Unternehmen Diehl und Rheinmetall hergestellt.
Russische Medien behaupten, dass die hocheffektiven, von Nato-Staaten an die Ukraine übergebenen Artillerie- und Raketensysteme von erfahrenen Söldnern aus den Lieferländern bedient werden. Beweise dafür haben sie aber bisher nicht präsentiert. Wahrscheinlicher ist, dass die ukrainischen Bedienmannschaften effektiv an diesen Waffensystemen ausgebildet wurden. Im Falle der deutschen Panzerhaubitze erfolgte sie im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein und dauerte sechs Wochen. In der dortigen Artillerieschule wurden nicht nur Geschützbedienungen gedrillt, man schulte auch Batteriechefs sowie Offiziere aus der Bataillonsführung, die die Feuerleitung übernimmt. Zudem entwickelten die Ukrainer ein Softwareprogramm, das exakt auf die deutschen Panzerhaubitzen zugeschnitten ist. So soll es gelingen, vor allem russische Depots im Hinterland der Front zu zerstören, um die angreifenden Truppen vom Nachschub abzuschneiden.
Reine Waffenlieferungen an das von Russland überfallene Land sind rechtlich unproblematisch, wenn es sich um sogenannte defensive Waffen handelt. Unter Völkerrechtlern umstritten ist allerdings die Bewertung der Ausbildung von ukrainischen Soldaten auf deutschem Boden. Es bestehe die Gefahr, dass man »den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen« könnte, gibt ein Gutachten zu bedenken. Der Titel des Textes lautet: »Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch Nato-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme«. Es wurde bereits im März vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages erarbeitet. Darin werden die »Grauzonen zwischen Nichtkriegsführung und Konfliktteilnahme« erörtert. So hätten sich bereits Probleme bei der damals von Polen vorgeschlagenen Lieferung von MiG-29-Kampfjets an die Ukraine unter Nutzung eines US-Militärstützpunktes in Deutschland gezeigt. Die USA hatten den Deal damals als unmöglich abgelehnt. Was immer die Bundestagsjuristen auch warnend formulierten, die deutsche Regierung aus SPD, Grünen und FDP folgte ihren Überlegungen nicht.
Die Ampel-Koalition lässt auch zu, dass die USA in Deutschland ukrainische Soldaten schulen. Nachdem man nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar die Basis in der Westukraine räumen musste, hat man bereits mehrere Gruppen ukrainischer Soldaten ins bayerische Grafenwöhr geholt. Offenbar ist der Bedarf an Ausbildern groß. Die US-Militärzeitung »Stars and Stripes« berichtet, dass man gerade Angehörige der Nationalgarde auf den Weg nach Deutschland gebracht hat. Sie sollen ab September die Ausbildung der Ukrainer übernehmen. Auch Kanada, Litauen, Dänemark, Polen und Schweden helfen bei der Ausbildung von ukrainischen Kämpfern. Der noch amtierende britische Premierminister Boris Johnson hatte sogar den Drill von 10 000 ukrainischen Soldaten verkündet. Dabei hat er den Mund wie gewöhnlich etwas zu voll genommen.
Einen weiteren Schritt zur Hochrüstung der Ukraine plant das US-Repräsentantenhaus. Es hat vor wenigen Tagen den National Defence Authorization Act 2023 beschlossen. Darin werden vorerst 100 Millionen Dollar für die Ausbildung ukrainischer Piloten und Techniker an US-Kampfjets gefordert. Als Flugzeugtyp steht die F-16 von Lockheed-Martin in Rede, denn alle Versuche, die Ukraine mit Maschinen sowjetischer Bauart zu versorgen, die noch von einigen östlichen Nato-Staaten benutzt werden, sind nach Ansicht von US-Experten nicht erfolgreich. Auch eine Ausbildung durch andere Nato-Staaten, die über den US-Flugzeugtyp verfügen, wird diskutiert.
Sollten diese Planungen des US-Kongresses zum Gesetz erhoben werden, könnte die Umschulung in Kürze anlaufen. Sie dürfte nach einem halben Jahr abgeschlossen sein. Es heißt, dass man bereits eine Gruppe von mindestens 30 Piloten ausgewählt hat, die über ausreichende Englischkenntnisse verfügen. Eine weitere wichtige Voraussetzung für diese Reorganisation der ukrainischen Luftwaffe ist, dass Kiew in den USA hergestellte Kampfflugzeuge erhält – aus welcher Quelle auch immer.
Diese neue Rüstungsinitiative schließt sich unmittelbar an eine Werbetour von zwei ukrainischen Jetpiloten – Rufzeichen »Juice« und »Moonfish« – in Washington DC an. Aus der ukrainischen Luftwaffenführung ist zusätzlich zu vernehmen, dass zwei F-16 Staffeln mit jeweils zwölf Jets plus Reserven ausreichen würden, um die bislang überlegenen russischen Fliegerkräfte wirksam zu bekämpfen.
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