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Verschwörung zum Umsturz
US-Justizministerium kommt um Ermittlungen gegen Donald Trump nicht herum
Die vorerst letzte Anhörung, die der »Untersuchungsausschuss zur Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar« am Donnerstag durchführte, konzentrierte sich auf Donald Trump und die drei Stunden, in denen seine Anhänger das Kapitolsgebäude stürmten. Das Fazit: Der abgewählte Präsident nahm die Gewalt bewusst in Kauf.
Nach der Sommerpause wird der Ausschuss entgegen seiner ursprünglichen Absicht, jetzt einen Bericht dazu liefern, weitere Anhörungen anberaumen. Die Untersuchungen gingen weiter, weil sich zusätzliche Zeugen gemeldet hätten und mehr Informationen zu erwarten seien, hieß es. Die Hearings werden folglich in die heiße Phase der Wahlkämpfe für die Zwischenwahlen am 8. November fallen und vielleicht sogar darüber hinaus stattfinden.
Vieles, was sich am 6. Januar ereignete, war bereits von Medien, etwa der »New York Times«, akribisch recherchiert worden. Neu war beispielsweise die Erkenntnis, dass Trump von seinem Umfeld über die Wahlniederlage in Kenntnis gesetzt und beraten wurde, sie einzugestehen. Außerdem wusste er von der Bewaffnung und der Gewaltbereitschaft seiner Anhänger vor und im Kapitol. Darauf setzte er.
Die Sonderausschuss-Hearings förderten Details und Nuancen zutage und wurden teilweise von den TV-Abendprogrammen live übertragen. Damit machten sie den 6. Januar mithilfe von Zeugen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar. Trump hatte sich an jenem Tag nach seiner Rede vor Tausenden, in der er sie dazu aufforderte, die »gestohlenen Wahlen« rückgängig zu machen, ursprünglich mit auf den Marsch auf das Kapitol begeben wollen. Er war aber vom Personenschutz, dem »Secret Service«, davon abgehalten worden. Stattdessen begab er sich ins Esszimmer des Weißen Hauses und ließ den Dingen ihren Lauf, wohl wissend, dass etliche seiner Anhänger bewaffnet waren. Darüber hatte die ehemalige Stabsmitarbeiterin Cassidy Hutchinson Ende Juni dem Ausschuss berichtet.
Beim Sturm auf das Kapitol handelte es sich nicht, wie von Republikanerseite und selbst von manchen Mainstream-Medien behauptet wurde, um eine ungeplante Eskalation, sondern um Kalkül. Es war Trumps letzter Versuch, sich an der Macht zu halten. Die Zertifizierung der Ergebnisse, die sein Vizepräsident Mike Pence am 6. Januar vornahm, wollte er verhindern. Als die Rechtsextremen »Hängt Mike Pence« skandierten, feuerte Trump sie noch an, indem er den Vizepräsidenten als Feigling bezeichnete.
Sarah Matthews, die bis zum 6. Januar in Trumps Presseteam gearbeitet hatte, berichtete vor dem Ausschuss, Trump wäre mit wenigen Worten per Tweet oder Fernsehansprache in der Lage gewesen, die Gewalt seiner Anhänger zu stoppen. Stattdessen »gab der Präsident mit seinem Tweet den Leuten grünes Licht und sagte ihnen, dass ihre Wut berechtigt sei«. Der ehemalige Justiziar Pat Cipollone sagte aus, sämtliche Weiße-Haus-Mitarbeiter seien über Trumps Verhalten verstört gewesen. Erst als ihm nach drei Stunden Kapitolssturm erklärt wurde, dass sein Kabinett zurücktreten und er sich strafbar machen würde, ließ er sich zu einer öffentlichen Erklärung herab, in der er seine Anhänger zum Gewaltverzicht aufforderte. Doch selbst dann hielt er die Lüge von den »gestohlenen Wahlen« aufrecht.
Die Beweggründe vieler, die sich von ihm distanzierten, waren dabei oftmals die von »Ratten, die das sinkende Schiff verlassen«, wie etliche unabhängige Beobachter feststellten. Insofern fasste die stellvertretende Ausschussvorsitzende und Republikaner-Abgeordnete Liz Cheney zwar richtigerweise zusammen, nicht Trumps politische Gegner, sondern »Leute, die er selbst ernannt hatte, seine eigenen Freunde und enge Wahlkampfmitarbeiter, Menschen, die seit Jahren für ihn arbeiteten und seine eigene Familie« hätten gegen ihn ausgesagt. Andererseits versuchte Cheney aber den Eindruck zu erwecken, sämtliche Schuld liege bei Trump. Wer vor dem Ausschuss bereitwillig ausgesagt habe, »sagte dem US-amerikanischen Volk die Wahrheit«, behauptete Cheney. Die Wahrheit besteht jedoch darin, dass sich etliche Republikaner-Größen bis zum Schluss still verhielten und bis heute in Wartestellung sind.
Über die Konsequenzen, die Trump und seine Helfer eventuell zu tragen haben, entscheiden weder der Sonderausschuss noch der Kongress, sondern das Justizministerium und Gerichte. In diesen Gremien erfolgen theoretisch die strafrechtliche Verfolgung, eine Anklageerhebung und ein Urteil. Die Funktion des Sonderausschusses besteht nur darin, der Justiz mit einem Abschlussbericht eine Empfehlung zu geben. Laut dem Verfassungsrechtler Laurence Tribe könnte Trump von Justizminister Merrick Garland nach bestehender Lage wegen schwerer Verbrechen angeklagt werden – etwa wegen Beihilfe und Begünstigung eines gewalttätigen Umsturzversuches, aber auch wegen Verschwörung zum Umsturz, was laut Tribe »Hochverrat ziemlich nahe kommt«. Garland hatte am Mittwoch gesagt, das Justizministerium führe »die weitreichendsten und wichtigsten Ermittlungen, die es je angestellt« habe.
Laut Tribe liegen bereits jetzt Beweise auf dem Tisch, laut denen Trump ein »Brandstifter ist, der ein Gebäude in Brand steckt und ihm beim Niederbrennen zuschaut – ohne das Löschen in Betracht zu ziehen«. Der für die Zeitschrift »The Nation« tätige linke Journalist John Nichols nannte Trump einen »Straftäter, der offen einen Staatsstreich gegen einen Staat plante, dem gegenüber er den Treueeid geleistet hatte«. Dass es allerdings zu einer Anklage kommt, ist nicht ausgemacht. Denn je näher die nächste Präsidentschaftswahl rückt, desto aggressiver werden sich die rechtsextremen Republikaner verhalten. Schon die Arbeit des Sonderausschusses steht ab dem Spätherbst in Frage. Denn bei den Zwischenwahlen am 8. November werden laut Prognosen die Republikaner abräumen und in dem Fall mit Sicherheit den Ausschuss auszutrocknen versuchen.
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