Bundeswehr hängt in der Luft

Die Konflikte zwischen UN und der malischen Regierung nehmen zu. Der Militäreinsatz könnte bald enden

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Christine Lambrecht (SPD), Bundesministerin der Verteidigung, besucht deutsche Soldaten im Camp Castor im malischen Gao. Foto: dpa/Kay Nietfeld
Christine Lambrecht (SPD), Bundesministerin der Verteidigung, besucht deutsche Soldaten im Camp Castor im malischen Gao. Foto: dpa/Kay Nietfeld

»Der Generalstab der Streitkräfte möchte der Bevölkerung versichern, dass die Situation unter Kontrolle ist und sie ihren Geschäften nachgehen kann.« Das Kommuniqué, das die malischen Streitkräfte kürzlich herausgaben, schönt die Lage. Dschihadistische Gruppen zeigten in den Regionen Mopti und Koulikoro, dass sie – trotz Attacken der malischen Armee – hart zuschlagen können. Zwei Tage lang versuchten Bewaffnete, eines der größten Militärlager Malis, das Camp Soundiata in Kati, zu erobern. Es liegt 15 Kilometer von der Hauptstadt Bamako entfernt und ist Sitz von Staatschef Oberst Assimi Goïta. Er genoss seine militärische Ausbildung in den USA, Frankreich und Deutschland und ist einer der Anführer der beiden Staatsstreiche im August 2020 und Mai 2021. Der Junta wird vorgeworfen, dass sie sich nicht an Vereinbarungen hält, laut denen in Mali zügig Wahlen stattfinden sollen, um zu einem halbwegs demokratischen Mehrparteiensystem zurückzukehren. Malische und internationale Menschenrechtsaktivisten kritisieren die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Zudem reagierte der Westen verärgert auf den Einsatz von russischen Söldnereinheiten, die von der malischen Regierung ins Land geholt wurden.

Bevor Kati attackiert wurde, griffen die Dschihadisten unter anderem einen Armeeposten in Zantiguila an. Die Region war bisher von Kämpfen verschont geblieben. Für die Angriffe wird die Terrorgruppe Katiba Macina verantwortlich gemacht, die bislang vor allem im Norden Malis operierte. Nun nähert sie sich der Hauptstadt. Ob die russischen Militärs, die malische Armee und die Gendarmerie in der Lage sein werden, die Terrorgruppen zurückzudrängen, ist fraglich.

Seit mehr als zehn Jahren verüben verschiedene Terrorgruppen in Mali schwere Angriffe auf die jeweils bestehende Ordnung. Das geschieht unter den Augen der von der Uno seit 2013 gestellten Minusma-Truppen. Deren Mandat hatte der Uno-Sicherheitsrat Ende Juni verlängert. Die ständigen Sicherheitsratsmitglieder Russland und China enthielten sich.

Mit der sogenannten Stabilisierungsmission, an der 13 000 Blauhelme sowie knapp 2000 Polizisten und Polizistinnen teilnehmen, wollte die Uno die 2015 vereinbarte Waffenruhe unterstützen und die territoriale Einheit des Staates sichern. Eine Teilnahme an Operationen zur Terrorismusbekämpfung ist nicht Teil des Auftrages. Auch wenn Minusma bislang weitgehend verschont bleibt von den terroristischen Angriffen, wuchsen die Unstimmigkeiten zwischen den Vereinten Nationen und den Behörden des Einsatzlandes. Vergangene Woche verwies das malischen Außenministerium Minsuma-Sprecher Olivier Salgado des Landes. Als Grund wurden dessen Äußerungen zu einem Vorfall genannt, bei dem Anfang Juni 49 Soldaten der Elfenbeinküste bei ihrer Einreise als angebliche Söldner festgenommen worden waren.

Die zunehmenden Spannungen wirken sich auch auf den Einsatz der Bundeswehr aus. Das vom Bundestag erteilte Mandat erlaubt den Einsatz von 1400 deutschen Soldatinnen und Soldaten in Mali. 1100 gehören derzeit zu Minusma. Sie sind vorwiegend im nordmalischen Gao stationiert und »hängen politisch in der Luft«. Die malische Regierung hatte jüngst bekannt gegeben, dass sie bis auf Weiteres keinen Austausch von Minusma-Personal mehr zuzulassen werde. So kann auch das deutsche Militär seine geplante Personalrotation nicht fortsetzen.

Seit Jahren ist klar, dass Minusma und der deutsche Mali-Einsatz wirkungslos sind. Ein Rückzug scheint nur eine Frage von Monaten und mit den Mehrheiten im Bundestag auch möglich zu sein. Vieles weckt üble Erinnerungen an den gescheiterten Afghanistan-Krieg. Überdies hätten die Truppenführer ihre Soldaten lieber in den heimischen Kasernen, um sie für das im Juni in Madrid beschlossene »New Force Model« der Nato einzuspannen. Das zielt auf eine Stärkung des Bündnisses in Osteuropa ab – Afrika mit »seinen« Problemen scheint weit weg.

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