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- Fußball-EM der Frauen
Vorsprung durch Physis: DFB-Team im Halbfinale gegen Frankreich
Wie wichtig die Fitness ist, beweisen die deutschen Fußballerinnen bei der EM
Es ist eine willkommene Abwechslung gewesen, auch mal abseits des Teamquartiers ein Abendessen im Herzen von London an einer berühmten Sehenswürdigkeit einzunehmen. Der komplette Tross des deutschen Teams, mit allen Begleitpersonen fast 80-köpfig, hatte am Sonntag ein Restaurant an der Tower Bridge aufgesucht. Die Stimmung sei, hieß es, auch bei diesem Teamevent prächtig gewesen. Die gute Laune vor dem mit Spannung erwarteten Halbfinale der Europameisterschaft an diesem Mittwoch gegen Frankreich speist sich daraus, dass die Rekordeuropameisterinnen aus Deutschland wieder als echte Titelanwärterinnen gehandelt werden. Und die Basis dafür ist eine physische Verfassung auf Topniveau.
Nur kommt mit den Französinnen ein Gegner in den Spielort Milton Keynes, der die körperliche Komponente auf eine andere Art ausreizt. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat in dieser Hinsicht größten Respekt: »Wir wissen, dass Frankreich ganz fantastische Einzelspielerinnen mit ganz viel Tempo hat. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe, bei dem Kleinigkeiten entscheiden.« Wer gewinnt welchen Zweikampf? Wer macht welchen Meter?
Es kommt nicht von ungefähr, dass die besten deutschen Spielerinnen auch athletische Maßstäbe setzen: Torhüterin Merle Frohms mit ihrer Sprungkraft, Abwehrchefin Marina Hegering und Abräumerin Lena Oberdorf mit ihrer Robustheit, Torjägerin Alexandra Popp mit ihrer Kopfballstärke. Und Rechtsverteidigerin Giulia Gwinn ist deshalb wieder eine Stütze, weil sie nach ihrem Kreuzbandriss viel stabiler zurückgekommen ist. Die 23-Jährige bestätigte am Montag bei der letzten Pressekonferenz am Grand-Union-Kanal die These, dass nur der noch was reißt, der voll austrainiert ist. »Wer in Europa Spitze sein will, muss das mitbringen. Unsere Fitness ist auf einem hohen Level, dafür hatten wir eine super Vorbereitung.« Jede Spielerin, so Gwinn, stehe dafür in enger Abstimmung mit den Spezialisten aus dem Trainerstab.
Co-Trainerin Britta Carlson ist das mittlerweile sogar »fast zu viel«. Ihr war es wichtig, dass Lob für die gute körperliche Verfassung – ein Beleg ist auch die extrem niedrige Verletzungsrate seit der EM-Vorbereitung Anfang Juni – mal an die Vereine weiterzureichen. »Wir können das ja nicht mal eben in drei, vier Wochen erarbeiten.« Die ehemalige Nationalspielerin schmunzelte über ihre Zeit bei Turbine Potsdam unter Bernd Schröder: »Da haben wir dreimal am Tag trainiert.« Aber die 44-Jährige vertritt ebenfalls die These, dass die Aktiven heute »viel professioneller« an ihrer körperlichen Konstitution feilen. Mit Hüftspeck läuft da niemand mehr herum.
Ohne Frage stehen England, Schweden, Frankreich und Deutschland verdient an der Schwelle zum Finale in Wembley am kommenden Sonntag. Doch keiner aus dem Quartett hat im Viertelfinale fußballerisch geglänzt. Oder gar neue Trends gesetzt. Alles sah überwiegend nach harter, ehrlicher Arbeit aus. Alle warfen körperliche Vorzüge in die Waagschale – sonst würden die kombinationssicheren Spanierinnen jetzt noch mitspielen. Nicht ohne Grund sagt Englands kampfstarke Mittelfeldspielerin Fran Kirby, dass sie vor dem Duell gegen die Schwedinnen in Sheffield den skandinavischen Stil fast mehr fürchtet als den spanischen. »Es wird sehr physisch. Alle Schwedinnen, gegen die ich gespielt habe, waren körperlich sehr stark.« Blaue Flecke sind garantiert.
Stellt sich unweigerlich die Frage, ob im Fußball der Frauen in dieser Hinsicht noch Luft nach oben besteht. Patrik Grolimund, der als Co-Trainer den schönen Titel »Head of Performance & Development« trägt und den athletischen Bereich verantwortet, sagt: »Der Fußball ist bei Männern und Frauen an der Grenze seiner physischen Leistungsfähigkeit.« Was nicht heißt, dass der 41-Jährige nicht noch viele sogenannte »Gadgets«, also weitere Hilfsmittel zur Leistungsoptimierung ausprobiert. Da gehe es aber oft um Belastungsteuerung und Energiemanagement.
Grolimund lässt im täglichen Tun nicht locker. Ständig treibt er schon beim Aufwärmen mit zackigen Kommandos die Spielerinnen an. Wehe, wenn jemand sich zu langsam bewegt. Man wird zum Weiterkommen gegen Frankreich schließlich wieder ans Limit gehen müssen, um sich den Traum vom Finale in Wembley zu erfüllen. Notfalls, daran erinnerte Gwinn mit einem vielsagenden Lächeln, »brauchen wir ja auch 120 Minuten«.
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