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Alexandra Popp schießt die DFB-Elf ins Endspiel gegen England

Die Kapitänin der deutschen Fußballerinnen glänzt im Halbfinale gegen Frankreich mit zwei Toren

  • Frank Hellmann, Milton Keynes
  • Lesedauer: 4 Min.
Entschlossen: Alexandra Popp (2.v.r.) erzielt das erste ihrer zwei Tore gegen Frankreich.
Entschlossen: Alexandra Popp (2.v.r.) erzielt das erste ihrer zwei Tore gegen Frankreich.

Am Ende hatte die Kapitänin mit der Regenbogenbinde nicht einmal beim Interview ihre Ruhe. Alexandra Popp stand nach dem schwer erkämpften 2:1-Sieg im Halbfinale gegen Frankreich noch vor der Werbewand, um als »Spielerin des Spiels« erste mediale Verpflichtungen zu erfüllen, als ein Pulk von Teamkolleginnen über den halben Platz gerannt kam. In Windeseile war die 31-Jährige umzingelt – um sie herum hüpften und tanzten die Mitspielerinnen. Als Symbol, das an diesem rauschhaften Abend alle zusammengehörten. Sie feierten eine Fußballerin, die zum Sinnbild einer Gemeinschaft geworden ist, die mit dem Einzug ins Endspiel alle überrascht. Auch sich selbst.

Ohne die in allen fünf Partien erfolgreiche Torschützin würde Deutschland jetzt nicht das Finale gegen die Engländerinnen am Sonntagabend bestreiten. Ihre Wucht, ihr Wille, ihre Widerstandkraft halten den Traum vom neunten EM-Titel am Leben. »Ich glaube, wir haben ganz, ganz vielen Leuten gezeigt, was wir draufhaben«, erklärte sie in der Pressekonferenz in ihrem verschwitzten Trikot. All die Komplimente, die auf die energetische Angeiferin nach ihren Länderspieltreffern 58 und 59 herabregneten, leitete sie direkt eine Etage tiefer in die Kabine des Stadium MK: »Ich bin schon seit zehn Jahren bei der Nationalmannschaft dabei – so einen Teamspirit, so ein Teamgefüge habe ich ganz ehrlich noch nie erlebt.« Das sagt sich nicht einfach so. Und doch: Dass die Französinnen sich bei dieser EM am Ende auf dem »Friedhof der Illusionen« wiederfanden, wie die Sportzeitung »L’Equipe« urteilte, lag vor allem am deutschen Leuchtturm.

Dabei schienen dieses Turnier und die Torjägerin zuvor schlechter zusammenzupassen als England und gutes Essen. Diese Europameisterschaft ist ihre erste. Vor der EM 2013 opferte sie sich für den VfL Wolfsburg auf, als sie mit einem Bänderriss im Sprunggelenk im Champions-League-Finale auflief. Vor der EM 2017 zog sie sich in einem Trainingsspiel einen Meniskusriss zu. Und wäre die EM in England nicht um ein Jahr pandemiebedingt verschoben worden, hätte sie wieder gefehlt. Nach einem im Frühjahr 2021 erlittenen Knorpelabriss an der rechten Kniescheibe war die Reha von Rückschlägen und Selbstzweifeln geprägt. Ein Gedanke trieb sie an, wenn sie mal wieder allein durchs Wasser stampfte: »Ich habe noch keine verdammte EM gespielt, und ich will diese EM jetzt spielen.« Als sie sich dann im Trainingslager in Herzogenaurach als einzige Spielerin eine Covid-Infektion einfing, schienen endgültig höhere Mächte im Spiel.

Ralf Kellermann, heute als Sportlicher Leiter, früher als Trainer beim VfL Wolfsburg ein langer Begleiter, wertet es rückblickend als Schlüssel für ihren Erfolg, »dass sie ihre Rolle angenommen hat«. Nämlich erst mal vielleicht nur von der Bank aus dem Team zu helfen. Als hätte es zehn Monate Auszeit im Verein und sogar 17 Monate im DFB-Dress nie gegeben, hechtete sie als Einwechselspielerin beim 4:0 im Auftaktspiel gegen Dänemark die Kugel mit einem Flugkopfball ins Tor. Sie schlug die Hände auf den Rasen, Tränen kullerten über ihre Wangen.

Wenn jemand den Leistungssport in allen Gefühlslagen ausgeleuchtet hat, dann die 119-fache Nationalspielerin, die sich nach der Corona-Erkrankung von Lea Schüller bereits beim 2:0 gegen Spanien in der Startelf wiederfand. Und wieder traf. Dieser Lauf hielt an. Aber auch nur, weil es Mitspielerinnen wie Svenja Huth gibt, die ihr am Mittwochabend in Milton Keynes den Ball auf Fuß und Kopf servierten. »Ich profitiere extrem von den Mädels, sodass ich Möglichkeiten überhaupt bekomme, diese Bälle zu versenken«, bedankte sich Popp.

Ihre lange Auszeit, verriet die ausgebildete Tierpflegerin, habe auch Gutes gebracht: Sie habe das Gefühl, mehr erleben und genießen zu können – »den Fußball noch mehr zu schätzen«. Das flirrende Finale auf dem heiligen Rasen gegen die Gastgeberinnen wirkt wie eine Belohnung für die Leidenszeit. Aber dafür macht sich die Nummer elf der insgesamt starken DFB-Elf keinen Druck. Auch nicht über ein Wettschießen mit der englischen Stürmerin Beth Mead, die ebenfalls bei sechs EM-Toren steht. »Es ist nicht mein erstes Ziel, Torschützenkönigin zu werden. Das erste Ziel ist ganz klar, den Europameistertitel zu holen.« Das i-Tüpfelchen draufzusetzen, schön wär’s, sagte sie.

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