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- Basketball: Deutsche EM-Vorbereitung
Die Suche nach dem festen Kern
Deutschlands Basketballer wollen endlich den Sprung vom talentierten zum erfolgreichen Team schaffen
Wenn es um das Ausformulieren von Zielen geht, sind die allermeisten Protagonisten beim Deutschen Basketball-Bund (DBB) eher in die Kategorie »gebranntes Kind« einzuordnen. Spätestens seit der Weltmeisterschaft 2019 in China, als einem hochtalentierten Team auch vom eigenen Verband Medaillenchancen eingeräumt worden waren, die mit NBA-Akteuren gespickte Mannschaft am Ende aber nur 18. wurde, wird der Mund weniger voll genommen. Schließlich war auch schon die EM 2015, als Altstar Dirk Nowitzki sein letztes und Jungstar Dennis Schröder sein erstes großes Turnier gemeinsam spielten, eine riesige Enttäuschung gewesen, als das Team vor seinem Berliner Heimpublikum schon in der Vorrunde ausschied. Also sprechen Schröder und DBB-Präsident Ingo Weiss drei Wochen vor dem Start der Europameisterschaft 2022 in Köln lieber von »offenen Rechnungen«, die zu begleichen wären. Klar, eine Medaille wäre auch schön, erst einmal aber müsse die Vorrunde überstanden werden.
Erneut stellt der DBB auf dem Papier eine starke Truppe. Schröder ist im Gegensatz zum letztjährigen Olympiasommer wieder am Start. Ebenso sein langjähriger Braunschweiger Kumpel Daniel Theis, der erst vor wenigen Monaten mit den Boston Celtics Platz zwei in der NBA erkämpft hat und nächste Saison in Indianapolis spielen wird. Zudem sind die Berliner Franz und Moritz Wagner aus Orlando angereist. Dort hatte speziell der jüngere Bruder Franz mit einer herausragenden NBA-Debütsaison für Aufsehen gesorgt. Obwohl er bislang noch kein einziges A-Länderspiel absolviert hat, zweifelt niemand daran, dass er kurz nach seinem 21. Geburtstag bei der Europameisterschaftsvorrunde in Köln auflaufen wird.
Vor dem ersten Testspiel an diesem Mittwoch in Hasselt bei den eher zweitklassigen Belgiern hoffen zunächst noch 18 Spieler auf eine Nominierung für den zwölfköpfigen EM-Kader. Diese letzte Auswahlrunde hat Bundestrainer Gordon Herbert bereits für das Ende dieser Woche angekündigt. »So bald wie möglich wollen wir auf zwölf Spieler reduzieren. Dann haben wir eine Chance, ein echtes Team zu bauen«, so Herbert. Und das nicht nur für diesen Sommer: »Wir haben ein Drei-Jahres-Programm: ein Jahr nach der EM die WM und hoffentlich dann auch Olympia. Wir wollen einen harten Kern bilden, der bei allen drei Turnieren antreten kann.« Sprich: Wer es jetzt nicht ins Team schafft, dürfte für längere Zeit bei großen Turnieren zusehen müssen, zumal in den kommenden Jahren mit Maxi Kleber, Isaac Bonga und Isaiah Hartenstein noch weitere NBA-Akteure zum Nationalteam stoßen könnten, die diesmal verletzt oder ausgelaugt fehlen.
Vor der finalen Ausscheidungsrunde steht am Freitag aber noch eine weitere Auswärtspartie in den Niederlanden an. Es ist damit zu rechnen, dass der Coach dort eher den Wackelkandidaten mehr Spielzeit einräumt, um zu sehen, wer auch außerhalb der Kölner Trainingshalle überzeugen kann. Für die Stars des Teams bleibt danach noch genügend Eingewöhnungszeit beim Supercup (19./20. August) in Hamburg. Dann trifft das deutsche Nationalteam auch auf bessere Gegner wie Tschechien, Italien oder Serbien. Schon bei diesem Turnier soll der EM-Kader aber feststehen, um ohne weitere Unwägbarkeiten an Spielsystemen und Teamchemie arbeiten zu können. Bisher sei da alles auf einem guten Weg, sagt Debütant Franz Wagner: »Wir haben sehr viel Talent und vor allem Spieler, die füreinander spielen. Die Teamchemie ist jetzt schon extrem gut. Mir macht es extrem Spaß, deswegen bin ich sehr zuversichtlich.«
Auch Schröder war dieser Aspekt seit Beginn des Sommers äußerst wichtig. Daraus lässt sich schließen, dass der Zusammenhalt und die Stimmung in der Kabine in der Vergangenheit als Manko identifiziert worden sind. Dazu passt auch Schröders Zitat aus dem Mai, dass doch bitte nur die Spieler kommen sollen, »die wirklich Bock haben und 110 Prozent für Deutschland geben wollen«. Hier ist der Star schon mal auf Augenhöhe mit seinem Bundestrainer, der ebenfalls im nd-Interview gesagt hatte: »Ich nominiere nicht die besten Spieler, sondern das beste Team mit den zwölf, die es am meisten wollen.«
Eine Ausnahme im Zeitplan könnte Nick Weiler-Babb spielen. Der gebürtige US-Amerikaner in Diensten des FC Bayern München war erst vor wenigen Tagen überraschend eingebürgert worden und ist offenbar auch ein wichtiger Teil von Herberts EM-Plan. Dann aber musste der 26-Jährige kurzfristig in seine Heimat abreisen, um nicht näher erläuterte familiäre Angelegenheiten zu klären. Bei den nun anstehenden Testspielen ist Weiler-Babb daher nicht dabei. Ihm aber könnte Herbert beim Supercup eine weitere Bewährungschance geben, sollte der beste Bayern-Spieler der Bundesliga-Finalserie gegen Meister Alba Berlin rechtzeitig nach Deutschland zurückkehren.
Ein DBB-Akteur hat sich in dieser Woche dann doch noch ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt: »Das Ziel bei der EM ist eine Medaille, wir wollen auf dem Podium sein«, sagte ausgerechnet Bundestrainer Gordon Herbert am Rande des Trainingslagers in Köln. Nun ja: Er ist erst seit knapp einem Jahr im Amt. Entweder schafft er es tatsächlich, aus einer Gruppe voller Talente auch endlich mal ein erfolgreiches Team zu bilden, oder auch Herbert wird bald ein gebranntes Kind sein.
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