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Oliver Zeidler rudert in München im Fahrwasser der Familie
Der 26-Jährige will bei den Europameisterschaften Gold gewinnen – genau wie sein Großvater bei den Olympischen Sommerspielen 50 Jahre zuvor
Hans-Johann Färber hat oft versucht, seinen Enkeln die Stimmung bei den Olympischen Spielen 1972 in München näherzubringen. Er gewann damals Gold mit dem sogenannten Bullen-Vierer der Bundesrepublik Deutschland. »Ich bin damit groß geworden, dass ich diese Geschichten gehört habe«, berichtet Enkel Oliver Zeidler. Jetzt kann Deutschlands bester Ruderer einen Hauch davon bei »Mini-Olympia« selbst erleben: 50 Jahre nach seinem Opa paddelt Zeidler bei den European Championships im Einer um Gold.
Oliver Zeidler kommt aus einer wahren Ruder-Dynastie. Er selbst kämpft an diesem Sonnabend im Einer um den Finaleinzug. Seine jüngere Schwester Marie-Sophie Zeidler gewann als Juniorin WM- und EM-Medaillen und steht bei dieser EM mit dem Doppelvierer im Finale. Das Talent ist vererbt, es gibt zwei Olympiasieger in der Familie: Großvater Hans-Johann Färber triumphierte 1972 in München im Vierer mit Steuermann, Olivers Tante Tante Judith Zeidler gewann 1988 Gold mit dem DDR-Achter. Sein Onkel Matthias Ungemach wurde zweimal Weltmeister: 1990 im Achter und 1991 im Vierer mit Steuermann. Trainiert wird Oliver Zeidler von seinem Vater Heino Zeidler, der 1994 WM Vierter im Zweier mit Steuermann wurde.
Natürlich macht diese Familiengeschichte den 2,03 Meter großen Recken zum perfekten Botschafter für diese Großveranstaltung mit 177 Entscheidungen in neun Sportarten, zumal Zeidler ganz aus der Nähe, aus Schwaig bei Erding, kommt und fast täglich auf der Olympiabahn von 1972 in Oberschleißheim trainiert. Der 26-Jährige durfte zum Beispiel mit anderen die Medaillen dieser European Championships bei einer Pressekonferenz präsentieren und davon erzählen, dass es »ein ganz besonderer Moment sein wird, wenn ich an gleicher Stelle wie mein Opa um Gold kämpfen kann«.
Oliver Zeidler nutzt diese für die Ruderer ungewohnt große Bühne von München 2022 aber auch, um auf die Probleme dieser Randsportart in Deutschland hinzuweisen. »Leider ist die Anlage ziemlich in die Jahre gekommen. Es müsste eigentlich mehr gemacht werden als nur Schönheitsreparaturen.« Neun Millionen Euro wurden zum »Aufhübschen« der Olympia-Regattabahn investiert, die eigentlich geplante große Sanierung für 100 Millionen Euro wurde aus Kostengründen verschoben. Sein inzwischen 75 Jahre alter Großvater Hans Johann-Färber wird noch deutlicher, was den Zustand von Zeidlers »Wohnzimmer« betrifft: »Es ist beschämend, diese Anlage zum 50-jährigen Jubiläum so zu präsentieren.«
Es mangelt an Geld für die Sportstätten und die Athletinnen und Athleten in Deutschland. Was Oliver Zeidler als kritischer Botschafter von München 2022 im Interview mit dem »Münchner Merkur« auch gnadenlos anprangerte. »Wir sind in Deutschland keine Profis, müssen aber gegen Profis antreten. Im Rudern haben wir eine gute Basis, junge Talente entscheiden sich aber dann oft dazu, den ganzen Aufwand nicht weiter zu betreiben. Weil der Sport einfach nicht attraktiv genug ist in Deutschland«, kritisierte er die Sportförderung. »Der Anspruch der Gesellschaft ist immer, dass wir möglichst viele Medaillen holen sollen. Dann muss aber auch ein entsprechendes Umdenken stattfinden. Ohne Aufwand bekommt man nichts.«
Den Zustand im deutschen Rudersport bezeichnet Zeidler sogar als »riesiges Debakel«. Es gebe keine Leute mit Ahnung vom Leistungssport: »Wir müssen komplett umdenken und alles in Frage stellen.« Ob es unter diesen schwierigen Umständen etwas wird mit dem goldenen Happyend 50 Jahre nach dem Triumph seines Opas an gleicher Stelle? Einer-Topfavorit Oliver Zeidler bleibt optimistisch, schließlich tritt der erfolgreiche Athlet als zweimaliger Europameister als Titelverteidiger im Einer an und hat im Standardtraining »so gute Zeiten wie nie zuvor« hingelegt.
Die European Championships sieht er als perfekte Gelegenheit, einem breiten Publikum seine Sportart live und im TV näherzubringen und vielleicht fünf Jahrzehnte nach den Sommerspielen von München auch wieder so etwas wie Begeisterung für die Austragung solch großer Sportevents zu wecken: »Olympia in Deutschland würde dem Sport sehr gut tun.«
Trotz seiner besonderen Familiengeschichte sind die Tage von München nämlich nur eine Zwischenstation für Oliver Zeidler – sein großes Ziel sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Größter Fan auf diesem Weg ist natürlich sein Großvater: »Wenn ich erleben dürfte, dass einer meiner Enkel eine Medaille bei Olympia gewinnt, würde mich das überglücklich machen.« Zeidlers jüngere Schwester Marie-Sophie ist natürlich auch Ruderin, gewann als Juniorin WM- und EM-Medaillen und ist auch jetzt in München am Start. Trainiert wird sie vom Opa.
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