Der letzte Oppositionelle

Der frühere Bürgermeister von Jekaterinburg, Jewgenij Roisman, wurde wegen seiner Anti-Kriegsposition festgenommen.

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 2 Min.

Vor einem Monat postete Jewgenij Roisman ein Foto von sich im Kreis bekannter oppositioneller Politiker mit den Worten: »Ich bin der Einzige in Freiheit«. Am Mittwochmorgen wurde nun auch der 60-Jährige in seiner Heimatstadt Jekaterinburg verhaftet und nach Moskau gebracht, wo er wegen Diskreditierung der Armee angeklagt werden soll. Man habe ihn verhaftet, weil er den Krieg in der Ukraine als solchen bezeichnet, kommentierte er seine Festnahme. In der Millionenstadt am Ural sind die Menschen besorgt, dass eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Stadt für lange Zeit im Gefängnis verschwindet.

Jewgenij Roisman ist vieles: Sportler, Rennfahrer, Verleger, Künstler, Museumsbetreiber, Politiker. Bekannt wurde er für seine Stiftung »Stadt ohne Drogen«, mit der er das Drogenproblem in Jekaterinburg bekämpfte. Auch unter Anwendung von Zwang, wie ihm Kritiker vorwerfen. Seiner Beliebtheit schadete das nicht. Roisman wird erst in die Duma und später zum Bürgermeister von Jekaterinburg gewählt. Politische Präferenzen hat er dabei nicht. Von den vier Parteien, denen er angehörte, sind zwei links und zwei liberal bis rechts. Ein erneuter Versuch, als unabhängiger in die Duma zu kommen, scheiterte im vergangenen Jahr.

In Jekaterinburg erreicht er mehr. Mit der 2015 gegründeten Roisman-Stiftung hilft er Menschen mit Spinaler Muskelatrophie. Die Räume der Stiftung wurden von der Polizei ebenso durchsucht wie Roismans Ikonenmuseum mit über 700 Heiligenbildern. Jede Stunde, in der die Roisman-Stiftung nicht arbeitet, könnte ein Mensch sterben, beklagen die Betroffenen. Roisman drohen mehrere Jahre Haft, weil er den Krieg wiederholt auf Youtube kritisiert hat, sagt die Polizei. Seine Stiftung will weitermachen, aber sein Charisma wird fehlen, meint ein Mitarbeiter.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -