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Zwischen Krieg und Kickern
Die Rüstungssparte im Norden erlebt einen ungeahnten Aufstieg
Eigentlich macht die Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft (FFG) wenig Wirbel um ihr Dasein. Doch man braucht dringend Mitarbeiter. Denn die, so lobt die Firma, seien »ein wesentlicher Bestandteil unseres Erfolges«. Die Liste der Lockangebote ist lang. Dazu gehören ein motivierendes Betriebsklima und kurze Entscheidungswege. Die 36-Stunden-Woche sei in feste Arbeitszeiten gegliedert. 30 Tage Urlaub und vielfältige Angebote zur Gesundheitsförderung verstehen sich ebenso wie attraktives Fahrrad-Leasing und der Zuschuss zum Kantinenessen von selbst.
Dass der Laden boomt, liegt daran, dass in Europa wieder Krieg geführt wird. Gerade hat die mittelständische Panzerschmiede aus dem Norden Deutschlands gut 50 M113 Mannschaftstransporter fahrbereit gemacht, wiederbewaffnet und auf den Weg in die Ukraine gebracht. Die alten Kisten – der Beginn der Serienfertigung in den USA liegt über 50 Jahre zurück – sind eigentlich unverkäuflich. Es sei denn, die Transportpanzer erhalten ein Update in Flensburg. Das hat die FFG in den vergangenen Jahren bereits 1600 Fahrzeugen in den unterschiedlichsten Konfigurationen verpasst. Selbstverständlich ist die FFG jederzeit zu weiteren Modernisierungen bereit. Auch die jetzt in die Ukraine exportierten Panzer standen schon einmal auf dem Hof der Flensburger Firma. Damals hat man sie schön gemacht für den Verkauf nach Dänemark. Doch dort standen sie auch nur rum – bis die Regierung in Kopenhagen plötzlich deren Kriegswert erkannte und sich – via FFG – solidarisch mit den ukrainischen Streitkräften zeigen wollte.
Die FFG sieht sich als ein dynamisch wachsendes Unternehmen. Um »am Ball« zu bleiben, sucht man Kooperationen mit anderen. Im vergangenen Jahr schloss man daher ein Abkommen mit der Israel Aerospace Industries (IAI). Robotik, Künstliche Intelligenz, Autonomes Fahren sowie Sensorik sind Kernpunkte der Zusammenarbeit. Auf der Fachmesse Eurosatory, die im Juni in Paris stattfand, hat die FFG gleich mehrere innovative gepanzerte Fahrzeuge präsentiert. Es wurde sogar ein selbst entwickeltes und hybrid angetriebenes Panzerfahrzeug ausgestellt. Mit reduziertem Treibstoffbedarf, minimiertem Abgasausstoß und leisen Bewegungen im Gelände ist man mit diesem Kriegsgerät umwelttechnisch weit vorn. Absurde Welt!
Die FFG in Flensburg ist nur eines von rund 30 Unternehmen in Schleswig-Holstein, das dem Arbeitskreis Wehrtechnik im Landesunternehmerverband angehört. Insgesamt 7400 Menschen sind hier beschäftigt. Das sind immerhin rund 3000 mehr als im Jahr 2000, als man noch vom gemeinsamen europäischen Haus träumte. Doch selbst wenn man die rund 12 000 Beschäftigten in nachgeordneten Bereichen hinzunimmt, ist die Sparte im Vergleich zu insgesamt rund 1,04 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Land keine relevante Größe. Scheinbar. Anders wird die Bewertung, wenn man sich beispielsweise die Zahl der Industriearbeitsplätze anschaut. Allein in Kiel hat sich deren Anzahl in den vergangenen drei Jahrzehnten fast halbiert – von einst 22 000 auf rund 11 400. Wider den Trend verdoppelte sich die Mitarbeiterzahl der in der Landeshauptstadt ansässigen Rüstungsbetriebe auf derzeit über 5200. Mittlerweile seien 45 Prozent der Industriearbeitsplätze an der Förde der wehrtechnischen Sparte zuzuordnen, betonte jüngst der Vorsitzende des Arbeitskreises Wehrtechnik, Dieter Hanel.
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Bei Rheinmetall Landsysteme in Kiel freut man sich, dass allerlei Exportverträge für eine jahrelange Auslastung sorgen. Darüber hinaus erwartete man »ein kräftiges Plus« von Aufträgen, die vom 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr gedeckt werden. Aktuell schwankt der Jahresumsatz der Wehrsparte im nördlichsten Bundesland zwischen einer und zwei Milliarden Euro. Das wird sich ändern. Zwar gebe es für die Betriebe in Schleswig-Holstein derzeit noch keine unterschriebenen Verträge, doch es sei kein großes Problem, zügig neue Produktionskapazitäten aufzubauen, heißt es aus dem Arbeitskreis Wehrtechnik. Das gelte auch für die Herstellung von Munition und bei High-Tech-Kommunikationssystemen.
Maßgeblichen Anteil am aktuellen Aufschwung der Rüstungsindustrie im Norden hat Thyssenkrupp Marinesystems. Die Werft, die vor ein paar Jahren bereits mit Schließung drohte, so der Steuerzahler sich nicht an der Finanzierung dieses Teil der wehrtechnischen Schlüsselindustrie beteiligt, schwimmt obenauf. Der Auftrag zum Bau von sechs U-Booten – vier sind für die norwegische und zwei für die deutsche Marine bestimmt – gibt über Jahre Sicherheit. Doch da geht auf Dauer noch mehr – angesichts der geplanten Steigerungen im deutschen Rüstungsetat. Um nicht zu kurz zu kommen bei zu erwartenden Aufträgen beim Neubau und der Reparatur von Marineschiffen, hat die Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG) gerade ein 180 Meter langes Schwimmdock ersteigert.
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Das Unternehmen mit 150 Jahren Schiffbauerfahrung rutschte 2020 in die Insolvenz. Dann brachte die Tennor Holding des Investors Lars Windhorst die Traditionswerft wieder auf Kurs. Davon profitieren Stadt wie Umgebung. Jüngst versprach Lars Windhorst der Hochschule Flensburg, die kurz davorstand, den Studiengang Nautik abwickeln zu müssen, ein paar Millionen. Auch war der Gönner, der 64,7 Prozent der Anteile an Hertha BSC Berlin hält und so bislang 374 Millionen Euro in den Rasen versenkt hat, gemeinsam mit der Oberbürgermeisterin Gast bei den Flensburger Kickern von Weiche 08. Wie man hört, suchen die jemanden, der ihnen den Umbau des Stadions finanziert.
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