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Deutsche Basketballer leben den EM-Traum
Gegen Bosnien-Herzegowina und Litauen erringt das DBB-Team seine Siege zwei und drei
Noch eine Überraschung sollte es nicht geben. Nicht wieder ewig einem Rückstand hinterherlaufen wie am Samstag. Das hatten sich die deutschen Basketballer ganz offenbar vorgenommen am Sonntagnachmittag, und so gingen sie mit einer simplen Strategie in ihre dritte EM-Partie: Volle Attacke, egal wer da unter dem gegnerischen Korb auf sie wartet.
In der zweiten Partie dieser Heim-Europameisterschaft gegen Bosnien-Herzegowina sei man »ein bisschen überrascht« gewesen, wie es Alba Berlins Johannes Thiemann später ausdrückte. Die Bosnier hatten sehr hart, aber keineswegs unfair verteidigt und somit den Deutschen bereits die Einstiege in ihre eingeübten Spielsysteme geraubt. Erst zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte man den zwischenzeitlich zweistelligen Rückstand wettgemacht und danach doch noch deutlich mit 92:82 gewinnen können.
Gegen die stärker eingeschätzten Litauer sollte ihnen das nicht noch einmal passieren. Also attackierte das Team des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) ein ums andere Mal den Korb des Gegners, obwohl die Balten das – zumindest auf dem Papier – beste Center-Duo dieser EM aufbieten können: Jonas Valančiūnas von den New Orleans Pelicans und Domantas Sabonis, der bei den Sacramento Kings unter Vertrag steht. Die beiden NBA-Stars sollten Litauen eigentlich endlich mal zum Titel führen, doch bislang stehen sich die beiden im Angriff eher gegenseitig auf den Füßen, und den eigenen Korb konnten sie gegen die ständigen Angriffe der deutschen Spielmacher Dennis Schröder und Maodo Lô zunächst auch nicht verteidigen. So stand es Mitte des zweiten Viertels 30:21.
Offensiv sollte es danach sogar noch besser werden für Deutschland, denn nun folgte die Show des Franz Wagner: Der gerade einmal 21-jährige gebürtige Berliner, der in Orlando vor Kurzem seine erste NBA-Saison hinter sich gebracht hatte, sorgte allein für die 14 letzten deutschen Punkte in Halbzeit eins. Insgesamt sammelte er in den ersten 20 Minuten 18 Punkte, so viele wie im gesamten Spiel gegen die Bosnier tags zuvor.
Doch die Litauer würden nicht klein beigeben, das war klar. Schließlich hatten sie ihre ersten beiden EM-Spiele ganz im Gegensatz zum DBB-Team verloren. Noch eine Niederlage und der Achtelfinaleinzug geriete endgültig in Gefahr. Also hielt vor allem Valančiūnas mit eigenen 13 Punkten dagegen. So stand es zur Halbzeit »nur« 46:41 fürs Heimteam. »Franz hat so einen Lauf, und wir schaffen es nicht, mehr Profit daraus zu schlagen. Das ist echt bitter«, sagte Center Johannes Voigtmann schon in der Halbzeitpause, und auch danach blieben die Litauer dran.
Erstmals in diesem Turnier pfiffen die Schiedsrichter zudem recht kleinlich, was der aggressiven deutschen Verteidigung nicht gerade zugute kam. Schon Mitte des dritten Viertels hatten die Center Daniel Theis und Jonas Wohlfahrth-Bottermann jeweils vier Fouls angesammelt. Bei fünf ist im Basketball bekanntlich Schluss, und man muss auf der Bank Platz nehmen. Ihr direkter Gegenspieler Valančiūnas nutzte diese Situation und punktete vor allem von der Freiwurflinie, bis die gut 5000 in Grün gekleideten litauischen Fans den Ausgleich zum 63:63 frenetisch bejubeln durften.
Zu Beginn des Abschlussviertels sorgte Sabonis, der nun nicht mehr zusammen mit seinem Center-Partner aufs Feld geschickt wurde, sogar für eine knappe Führung Litauens. Das DBB-Team hatte aber bereits in den ersten beiden Partien gegen Frankreich und Bosnien bewiesen, mit schwierigen Phasen sehr erwachsen umgehen zu können. Die Deutschen hielten an ihren Systemen fest, besannen sich auf ihre Stärken, retteten sich gleich zweimal in eine Verlängerung und behielten am Ende mit 109:107 die Oberhand.
Angetrieben von einer erneut ausverkauften Kölnarena erhöhte Wagner dabei sein Punktekonto weiter auf am Ende 32 – persönlicher Rekord im Nationalteam, für das er erst seit diesem Sommer spielt. Dazu acht Rebounds, zwei Assists, einen Steal und zwei Blöcke. Neben ihm überzeugten Lô mit 21 Zählern und Kapitän Schröder mit 25, obwohl dieser weiterhin aus der Distanz kaum zu erfolgreichen Abschlüssen kommt. »Mein Wurf ist scheiße«, sagte Schröder, »aber wir haben gewonnen, das ist das, was zählt.«
Das nächste Spiel der deutschen Mannschaft steht nach einem Ruhetag am Dienstag gegen Titelverteidiger Slowenien an. Das Team um Superstar Luka Dončić hat man vor knapp zwei Wochen bereits in der WM-Qualifikation mit großem Vorsprung bezwingen können. Es ist also durchaus möglich, dass sich dieser starke Start ins Heimturnier noch weiter fortsetzt. Vorerst bleibt festzuhalten, dass man das Minimalziel erreicht hat: die Endrunde ab dem Achtelfinale, die in Berlin ausgespielt werden wird.
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