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Musik aus dem Grenzgebiet
Plattenbau. Die CD der Woche: »Reset« von Panda Bear & Sonic Boom
Den Einfluss und Ideenreichtum, ja die Pracht, die der Gitarrist und Soundmensch Peter Kemper der unserer Welt abhanden gekommenen Schuhguckermusik geschenkt hat, kann man kaum überschätzen. Gleich unter welchen Pseudonymen und mit welcher Band – Spacemen 3, Spectrum, E.A.R., Sonic Boom: Kemper hat zahllose statische, verträumte, immer mit einem Bein über irgendeinem existenziellen Abgrund herumschwankende Songs und Sound kreiert. Und nebenbei auch noch den psychedelisch akzentuierten Shoegaze-Nachwuchs als Produzent geprägt, zum Beispiel beim Album »7« der Band Beach House.
Und diverse Alben von Noah Lennox, aka Panda Bear. Der wiederum hat mit seiner Band Animal Collective die psychedelischen Stränge der Popmusikgeschichte von einem anderen Startpunkt aus bereist. Auf den Animal-Collective-Alben, auf denen Pop und Melodie die Weirdness und den Freak Folk übertönten, war unüberhörbar, dass der Gesang direkt von den Beach Boys kam, von »Pet Sounds« und von »Smile«. Die Vermengung von technikverliebtem Nerdtum und zuckersüßen Gesangsmelodien hat Panda Bear seit 1999 auf seinen Solo-Alben immer weiter ausbuchstabiert.
Sein siebtes, »Reset«, hat er gemeinsam mit Sonic Boom, also mit Peter Kemper aufgenommen. Während des Lockdowns wurden Loops und Drones hin- und hergeschickt und zu Songs ausgearbeitet. Und das Ergebnis ist, wenn man sich die Umstände und die sonstige Tonalität der Solo-Sachen Kempers vor Augen führt, erstaunlich positiv gestimmt ausgefallen. Ein Song wie »Go on«, die erste Single, hat Spaß mit den einfachsten Versatzstücken: Wummerbass, Primitiv-Schlagzeug und glockenheller Gesang. Die Repitivität ist durch Sonic Boom zum bestimmenden Merkmal geworden, aber es sind nicht mehr, wie noch bei den endlosen Wiederholungsschleifen von Spacemen 3, Orientierungs- und Kontrollverlust, die hier anvisiert werden, sondern bedröhnt-entspannte Freude am Geräusch.
Der Song »Everyday« wiederum könnte auch gut von einem alten Spectrum-Album stammen, mit einem durch alle Echokammern geschickten Synthesizer. Auch Sachen wie »In My Body« oder »Whirlpool« hört man den Spaß am eifrigen Knöpfchendrehen an. Das alles ist, in seiner Verschrobenheit, Nerd-Musik. Aber wenn man die Soundforschung, aus der heraus diese Melodien entwickelt worden sind, etwas in den Hintergrund rücken lässt beim Hören, wird schnell deutlich, dass beispielsweise »Danger« vor allem anderen erst einmal ein sehr schöner Folk-Song ist; über den lustige Klatschgeräusche, undefiniertes Geratsche und eine etwas alberne Synthie-Melodie gelegt worden sind.
»Reset« bringt zwei Generationen psychedelischer Popmusik zusammen, und das funktioniert in der Kombination während der gerade einmal knapp vierzig Minuten, die dieses Album dauert, wunderbar. Auch weil hier zwei Musiker sehr beharrlich das weiter ausformulieren, was sie seit 40 beziehungsweise 25 Jahren angefangen haben. Nerd-Musik also in jedem Fall. Weil Panda Bear aber immer singt, als wolle er Hörerin und Hörer mit der Welt umstandslos versöhnen, verliert sich die Musik nicht im Selbstgenügsamen, sondern bleibt immer Pop. Nur eben aus dem psychedelischen Grenzgebiet.
Panda Bear & Sonic Boom: »Reset« (Domino/Goodtogo)
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