- Berlin
- PCK-Raffinerie Schwedt
Öl-Embargo in Brandenburg umstritten
Linke und CDU sehen Voraussetzungen nicht als gegeben an
Schiefe politische Frontstellung in Brandenburg: Die oppositionellen Linken und die Regierungspartei CDU setzen hinter das von der Bundesregierung verhängte Öl-Embargo gegen Russland Fragezeichen, wie sie am Dienstag im Landtagsgebäude im Anschluss an die Fraktionssitzungen deutlich machten. Die SPD geht da nicht mit. Fraktionschef Daniel Keller sagte dazu: »Ich werde die Bundesregierung nicht zu einem Verzicht auf das Embargo auffordern.« Auch für die Grünen wäre eine Abkehr vom deutschen Entschluss, ab 1. Januar kein Pipeline-Öl mehr abzunehmen, »fahrlässig und ein fatales Signal«, denn es würde bedeuten, »dass Russland uns weichgekocht hätte«, sagte Fraktionschef Benjamin Raschke. Außerdem bestehe nur in der gegenwärtigen Lage die Chance, Bundesgelder für einen Strukturwandel und eine wirtschaftliche Umorientierung in Schwedt zu bekommen. »Ich bitte alle beteiligten Parteien, dafür zu sorgen, dass das nicht platzt. Wir brauchen die Unterstützung des Bundes.«
In der gegenwärtigen Situation wäre es »völlig unsinnig, freiwillig auf Öl zu verzichten«, sagte dagegen Linken-Fraktionschef Sebastian Walter. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sei vielleicht dafür gut, Investitionen nach Brandenburg zu locken, fuhr Walter fort. »Aber er ist
nicht in der Lage, die Krise zu bewältigen«, ergänzte er mit Blick auf die unklare Lage für das Erdöl verarbeitende Unternehmen PCK in Schwedt. In einem »ehrlichen« Moment habe Steinbach erklärt, »eine Vollversorgung von Schwedt mit Öl jenseits der Pipeline wäre nicht möglich.« Es sei aber nicht ausgemacht, dass bei einer Versorgungs-Auslastung von 40 oder 60 Prozent das PCK technisch »überhaupt arbeiten kann«, warnte Walter. Mit Blick auf die Versicherung der Politik, die Vollversorgung von Schwedt auch ohne russisches Pipeline-Öl zu sichern, fuhr er fort: »Gelogen haben Bundeswirtschaftsminister Habeck, sein Staatssekretär Kellner und Steinbach«. Die Beschäftigten in Schwedt müssten sich »verarscht« vorkommen. Eine Einkommens- und Beschäftigungsgarantie für die Angestellten sei zugesichert worden, stehe aber noch aus, fuhr er fort. Mit der Kurzarbeiter-Regelung dürfe man sich nicht abspeisen lassen. Das müsse ebenfalls für die rund 2000 weiteren Beschäftigten in den von Schwedt abhängigen Firmen gelten.
Solange keine ausreichende Öl-Belieferung von Schwedt auf anderen Wegen gesichert sei, »kann aus unserer Sicht kein Embargo für die Pipeline kommen«, unterstrich CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Ansonsten würde die Bundesrepublik wortbrüchig. Das würde die ohnehin schwierige politische Situation nochmals verschärfen. In der gegenwärtigen Lage würde ein solches Embargo Deutschland wesentlich härter treffen als Russland. Ihm erscheine es außerdem rechtlich schwierig, hier die Embargo-Ankündigung zum ersten Januar tatsächlich umzusetzen. Redmann erinnerte daran, dass der Betreiber der Pipeline angeboten hat, kasachisches Erdöl liefern zu wollen.
Für die SPD erinnerte Fraktionschef Keller an die Warnung Brandenburgs, nicht länger Mitglied der Schwedt-Taskforce bei der Bundesregierung bleiben zu wollen, wenn die ernsten Fragen rund um den Industriestandort Schwedt weiter keine Antworten fänden. Die Entscheidung der Bundesregierung, ab Januar kein Pipeline-Öl Russlands mehr abnehmen zu wollen, »habe ich hier nicht zu kommentieren«. Ihm, Keller, komme es darauf an, dass die Ölversorgung für Schwedt gesichert bleibe. Für die erwartete wirtschaftliche Umprofilierung des Standortes »erwarten wir eine Kompensation«. Ministerpräsident Dietmar Woidke habe in Aussicht gestellt, sich mit 150 Millionen Euro Landesgeld an diesem Transformationsprozess zu beteiligen. Wenn Bundeswirtschaftsminister Habeck von einem »Transformationspapier« für Schwedt spreche, dann solle er es »endlich öffentlich machen«. Was Habeck tue, sei gegenüber der Arbeitnehmerschaft von Schwedt, der das Papier unbekannt sei, »nicht sehr vertrauenerweckend«.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.