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Wo die Waschmaschine fehlt
Die Probleme der Fußballerinnen nach dem Rekordspiel der Bundesliga
Laura Freigang trug am Tag danach eine Schlinge um den linken Arm, der mit einem Hüftgurt fixiert war. So rauschhaft das Eröffnungsspiel für die Stürmerin von Eintracht Frankfurt gegen den FC Bayern München (0:0) auch war, so schmerzhaft endete der Auftritt: Eine Schultereckgelenksverletzung zwingt die 24-Jährige erstmal zu einer Pause, »es muss nichts operiert werden, das geht schon«, sagte die Nationalspielerin am Samstagabend im ZDF-Sportstudio. Diesen Auftritt wollte Freigang ebenso wenig absagen wie sie sich zunächst nicht hatte auswechseln lassen: zu groß das Verlangen, die durch den EM-Hype in England geschürte Aufmerksamkeit weiter zu bespielen.
Dass 23 200 Zuschauer am Freitag in die Frankfurter Arena im Stadtwald pilgerten, fand Freigang »überwältigend« und genoss die besondere Atmosphäre, die Eintracht-Trainer Niko Arnautis an ein Länderspiel erinnerte. »Das ist einfach cool für den deutschen Fußball«, jubelte Nationalspielerin Sara Doorsoun, die als eine von zehn Vize-Europameisterinnen mitwirkte. Allen geht es jetzt um einen nachhaltigen Effekt, damit das Interesse nicht wie bei vergangenen Turnieren im Bundesliga-Alltag wieder allzu schnell abflaut.
Die alte Bestmarke stand bei 12 464 Besuchern, die am letzten Spieltag der Saison 2013/2014 ins Stadion am Elsterweg zum VfL Wolfsburg kamen. Der Titelverteidiger startete am Sonnabend mit einem 4:0-Pflichtsieg gegen die SGS Essen (4:0) – auch der Werksklub begrüßte mit 3217 Fans eine größere Kulisse als gewöhnlich. Am kommenden Sonnabend tritt der Doublesieger aus der Autostadt bei der TSG Hoffenheim dann auch in einer Arena an, die sonst der Männer-Bundesliga vorbehalten ist, übertragen wird die Partie in der ARD. Hoffenheim hat bislang für dieses erste von bis zu einem Dutzend Livespielen in den Öffentlich-Rechtlichen aber erst knapp 5000 Karten verkauft. Fraglich, ob im Kraichgau die erhoffte fünfstellige Kulisse zustande kommt. Die Wolfsburger Nationalspielerin Felicitas Rauch empfiehlt »nicht immer in die große Arenen« zu gehen, »sondern gezielte Highlights zu setzen«. Auch die 26-jährige Linksverteidigerin spürte im Urlaub und im Umfeld den deutlich gestiegenen Bekanntheitsgrad.
Für Freigang hat das alles einen Aufforderungscharakter. »Wir haben bei der EM gezeigt, dass wir Menschen mitreißen können. Jetzt geht es darum, dass Dinge wirklich umgesetzt werden und man sein Wort hält.« Ein Wink mit dem Zaunpfahl an Verband und Vereine. Der Fußball der Frauen sei zwar eine Investition (»wir können uns nicht selbst finanzieren«), aber diese sei schließlich »sinnvoll und zeitgemäß«. Die neue Studie »Stellenwert Frauenfußball« besagt, dass von den knapp 40 Millionen Fußball-Interessierten hierzulande knapp die Hälfte am Fußball der Männer und Frauen interessiert ist.
Doch wie viel noch zu tun ist, zeigt das Beispiel des im Vorjahr in die Frauen-Bundesliga aufgestiegenen 1. FC Köln. Dort hätten die Spielerinnen bis vor Kurzem ihre Trikots noch selbst waschen müssen, erzählte Sport-Geschäftsführer Christian Keller auf dem vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) ausgerichteten »FF 27 Forum«. Er habe als eine seiner ersten Amtshandlungen erstmal eine Waschmaschine und einen Trockner angeschafft. Aufgefallen war ihm das nur, weil eine Kölner Fußballerin ihr Jersey zuhause vergessen hatte und der falsche Name auf ihrem Ersatztrikot mit Tape überklebt werden musste. »Das spricht leider dagegen, dass wir den Frauenfußball vollwertig im Klub integriert haben«, sagte der 43-Jährige.
Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war extrem dankbar für diese offenen Worte: Für die 54-Jährige wird »viel zu viel« über Equal Pay geredet – »und vergessen, dass wir uns ganz anderes angucken müssen«: Professionelle Bedingungen für alle Bundesligaspielerinnen sind aus ihrer Sicht die oberste Prämisse, »dass nicht nur einmal in der Woche ein Physiotherapeut da ist, dass die Spielerinnen nicht an vier verschiedenen Orten abends um 19 Uhr trainieren.« Hier gelte es, »hartnäckig zu bleiben: Wir haben wirklich noch ganz viel zu tun«.
Das Beispiel Köln illustriert auch die Widersprüche bei Lizenzvereinen, die sich eigentlich Diversität als Leitbild auf die Fahnen geschrieben haben – diese aber selbst gar nicht leben. Wie Keller gestand, gebe es auch bei Kommunikation, Merchandising, Marketing oder Sponsoring für die Frauen noch großen Nachholbedarf. Entsprechend niedrig sind die Erlöse. Vom Etat von 1,5 Millionen Euro seien nur 600 000 Euro gedeckt. Die Hälfte kommt dabei aus der zentralen Vermarktung vom DFB, der gerade die Fernsehrechte ab der Saison 2023/2024 neu ausgeschrieben und dabei den Montagabend als fixen Spieltermin aufgenommen hat, weil der Fußball der Männer hier bald komplett das Feld räumt.
Freigang ist sich aber nicht sicher, ob das wirklich der richtige Weg ist. »Bei uns sind nicht alles Vollprofis, viele arbeiten montags. Das ist, zumindest gerade, nicht umsetzbar.« Und für das Fortkommen des Fußballs der Frauen vielleicht so hinderlich wie eine Schlinge am Arm.
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