- Politik
- Sozialprotest in Leipzig
Schulterschluss gegen die Krise
Neues Protestbündnis in Leipzig gründet sich und ruft zu erster Demonstration
Zwei Wochen nach einer Kundgebung gegen die unsozialen Folgen der Energiekrise in Leipzig ist in der sächsischen Stadt ein breites Bündnis an die Öffentlichkeit gegangen, das eine solidarischere Politik und wirksame Entlastungen für die am stärksten von der Teuerung betroffenen Menschen fordert. In dem Zusammenschluss wirken unter der Überschrift »Jetzt reicht’s! – Wir frieren nicht für Profite!« rund 30 Organisationen und Initiativen mit; das Spektrum reicht von Gewerkschaften über Umweltverbände und Mietervereine bis zu Hochschulgruppen. Für den 15. Oktober mobilisiert das Bündnis zu einer Großkundgebung. Zuvor sind bereits erste Aktionen geplant, etwa bei Inkrafttreten der Gasumlage am 1. Oktober und eine Woche später an einem bundesweiten Aktionstag Mietenstopp.
In einem Aufruf des neuen Bündnisses wird die Krisenpolitik der Berliner Koalition angegriffen. Diese »sichert Unternehmensgewinne, aber nicht das normale Leben«, heißt es. Für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen sei das Leben kaum noch bezahlbar. Gleichzeitig führen einige Großunternehmen Rekordgewinne ein. Nötig seien daher eine Deckelung der Energiepreise, die Abschaffung der Gasumlage und eine Übergewinnsteuer. Kündigungen aufgrund von Rückständen bei Miete oder Nebenkosten solle es nicht geben. Die in Berlin beschlossenen Entlastungen seien »nicht ausreichend, nicht konkret genug, nicht sofort wirksam«, sagte Manuela Grimm, Geschäftsführerin des DGB in Leipzig und Nordsachsen. Während sich einige Unternehmen in der Krise bereicherten, sei »der soziale Frieden akut gefährdet«. Das sei »empörend und muss sofort geändert werden«.
Die sozialen Folgen der Krise standen auch bei der Protestveranstaltung im Mittelpunkt, zu der am 5. September die Leipziger Linke und ihr Bundestagsabgeordneter Sören Pellmann aufgerufen hatten. Diesem war danach jedoch auch aus den eigenen Reihen ein Alleingang vorgeworfen worden. Beobachter hatten sich skeptisch geäußert, ob eine Partei breitere Sozialproteste organisieren könne und die Einordnung in Bündnisse für zielführender gehalten. An einem solchen wurde in Leipzig damals bereits gearbeitet. Nun steht es. Der Stadtverband der Linken ist einer der Unterstützer. Beteiligt sind auch die Jugendorganisationen von Grünen und SPD, deren Regierungspolitik in Berlin scharf kritisiert wird.
Betont wird im Aufruf die Bedeutung einer sozial-ökologischen Energiewende für die Bewältigung der Krise. Die »Fixierung auf fossile Energieträger« habe die derzeitige schwierige Lage mit verursacht, sagte Tom Richter von »Fridays für Future«. Um für künftige Krisen gerüstet zu sein, brauche man nicht eine Gasumlage und längere Laufzeiten von Atommeilern, sondern den Ausbau erneuerbarer Energien. Nötig sei »Unabhängigkeit von autoritär regierten Staaten«. Das Bündnis zeigt sich offen für weitere Mitstreiter, verweist aber auf einen Grundkonsens – auch angesichts von Vereinnahmungsversuchen durch die extreme Rechte, wie es sie vor zwei Wochen bereits gab. Danach würden im Bündnis die Klimakrise nicht geleugnet, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht verharmlost und Verschwörungserzählungen nicht geduldet. Nationalismus, heißt es, »ist nicht unsere Antwort«.
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