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  • Wintersport in der Energiekrise

Hoffen auf Schnee – und neue Ideen

Die Energiekrise lässt im Wintersport die Angst vor einer Absagenflut umgehen

  • Lars Becker, München
  • Lesedauer: 4 Min.
Skispringen unter Flutlicht bei Nacht. In Zeiten der Energiekrise wirkt das fehl am Platz. Doch vorerst wird daran festgehalten.
Skispringen unter Flutlicht bei Nacht. In Zeiten der Energiekrise wirkt das fehl am Platz. Doch vorerst wird daran festgehalten.

Es gibt ein paar Menschen in diesem Land, die sich trotz der drohenden Energiekrise einen besonders kalten und schneereichen Winter wünschen. Skisprung-Star Karl Geiger und Biathlon-Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick dürften zwei besonders prominente von ihnen sein. Fällt viel Weiß vom Himmel, ließe sich nämlich jede Menge Strom sparen. Klingt grotesk, ist aber logisch, denn im Wintersport gehört die Produktion von Kunstschnee zu den energieintensivsten und damit teuersten Angelegenheiten.

In Deutschlands größtem Alpinskigebiet Sudelfeld zum Beispiel kostete vor zwei Jahren die Produktion von 300 000 Kubikmetern Kunstschnee etwa 1,3 Millionen Euro. Zum Jahresende laufen bei den meisten Liftbetreibern die Verträge mit ihren Energielieferanten aus – dann droht eine Erhöhung um das Drei- bis Sechsfache. So betrifft die Explosion der Kosten wegen des Ukraine-Kriegs natürlich auch die Organisatoren von Wintersportgroßveranstaltungen in Deutschland und der ganzen Welt. Es könne sogar »an die Existenz gehen«, befürchtet Florian Stern als Organisator des Auftaktspringens der Vierschanzentournee in Oberstdorf.

Beim Internationalen Skiverband Fis fürchtet man schon jetzt eine Absagenflut im prall gefüllten Weltcup-Kalender. »Gegenwärtig haben wir keinen Plan B«, gab Fis-Generalsekretär Michel Vion kürzlich zu. Er fürchtet vor allem den öffentlichen Aufschrei, wenn die Menschen Strom sparen und in kühlen Wohnungen sitzen sollen, aber gleichzeitig jede Menge Energie für die Kunstschneeproduktion und Flutlicht-Events verpulvert wird.

Sechs der sieben Weltcups der Skispringer in Titisee-Neustadt, Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Willingen im kommenden Winter sind in den Abendstunden zur besten TV-Sendezeit geplant. Das wird mit Sicherheit Diskussionen geben. Allerdings hängen an der Austragung der Skiweltcups in Deutschland Millioneneinnahmen für den Deutschen Skiverband (DSV), die für den Wintersport überlebensnotwendig sind.

»Es gibt ein klares Go für die Weltcups in Deutschland«, sagt Horst Hüttel, im DSV für Skispringen und Nordische Kombination zuständig. »Wir sind uns bewusst, dass das auch kritische Stimmen hervorrufen kann. Aber da hängen so viele Einnahmen vom Tourismus bis zu den TV- und Marketing-Einnahmen für den DSV dran. Würden diese wegfallen, setzen wir eine Spirale in Gang, die die Substanz des gesamten Sports gefährden könnte.«

Natürlich werden trotzdem allerorten Einsparmöglichkeiten geprüft. Die Bob- und Rodelbahnen in Deutschland werden in diesem Jahr später als üblich vereist. In der Erfurter Eislaufhalle bleibt das Innenfeld trocken. Und die Internationale Biathlonunion (IBU) hat sogar eine eigene Taskforce zum Thema Energiesparen gegründet. Im Februar stehen schließlich die Biathlonweltmeisterschaften in Oberhof an. Das Wintersport-Mekka in Thüringen rühmt sich damit, dass seit dem Umbau der Arena 60 Prozent des Energiebedarfs durch Photovoltaiktechnik, Abwärmenutzung und ein eigenes Blockheizkraftwerk gedeckt werden. Trotzdem muss noch ein guter Teil der fünf Millionen Kilowattstunden Strom für Biathlonarena, Skihalle und Rodelbahn bezahlt werden.

In diesen schwierigen und teuren Zeiten sind neue Ideen im Wintersport gefragt. Eine wird beim Saisonauftakt der Skispringer in Wisla Anfang November getestet. Erstmals bei einem Weltcup werden Karl Geiger und Co. dort statt auf Schnee auf Matten landen, auf denen ansonsten nur im Sommer trainiert wird. Was ursprünglich als Maßnahme in Zeiten des Klimawandels gedacht war, passt jetzt perfekt als Sparansatz in der Energiekrise. »Die Beschneiung einer Schanze kostet laut Aussagen der Betreiber derzeit etwa 150 000 Euro«, weiß Horst Hüttel. Er hofft trotzdem, dass Wintersport auch künftig überwiegend auf Schnee ausgetragen wird. Deshalb hat er für den kommenden Winter einen Wunsch: »Schon wegen der Energiekrise wünsche ich mir keinen extrem kalten Winter. Aber ideal wäre, wenn es am Anfang eine kalte Phase mit viel Naturschnee gibt, der dann für den ganzen Winter reicht.« Damit auch der Wintersport Strom sparen kann.

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